Nach Blatten werden Gebäudeversicherungen teurer

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Der CEO der neuen Helvetia Bâloise Group erklärt, warum sich Immobilienbesitzer auf steigende Versicherungsprämien einstellen sollten.
Der Erdrutsch von Blatten hat nicht nur ein Walliser Dorf und seine Bewohner verwüstet. Er markierte auch einen Wendepunkt für die gesamte Schweizer Versicherungsbranche. Immobilienbesitzer müssen sich deshalb in den kommenden Jahren auf deutlich steigende Sachversicherungsprämien einstellen. Dies gab Fabian Rupprecht, CEO der künftigen neuen Helvetia Bâloise Gruppe, in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» bekannt.
„Blatten hat unsere Branche aufgerüttelt“, stellt er fest. Die Versicherer seien wachsamer geworden und würden sich zunehmend weigern, Häuser in roten Hochrisikozonen zu versichern. Und: „Langfristig werden die Prämien steigen müssen; es gibt keine andere Lösung“, fügt er hinzu.
Naturschäden: Schadenshöhe wird neu bewertetFür die Helvetia-Gruppe belaufen sich die Kosten des Erdrutschs von Blatten bereits auf mehrere zehn Millionen Franken, sagt Fabian Rupprecht. Die spektakulärsten Schäden entstünden zwar in den Bergen, doch Hagel und Überschwemmungen trafen auch Städte. In diesem Zusammenhang müsse die FINMA die vor einigen Jahren gesenkten Prämien für die Elementarschadenversicherung bald erhöhen, so Rupprecht.
Erdbeben: ein großes, nicht versichertes RisikoErdbeben können noch grössere Schäden anrichten als Erdrutsche. Eine Erdbebenversicherung ist in der Schweiz jedoch nicht obligatorisch. Fabian Rupprecht beobachtet jedoch einen Anstieg der freiwilligen Abschlüsse. Er kritisiert den Plan des Bundesrats für eine bedingte Versicherung. Seiner Meinung nach: «Sie würde genauso viel kosten, aber zum ungünstigsten Zeitpunkt.»
Laut dem CEO des Konzerns sind die Zeiten billiger, allgemeiner Gebäudeversicherungen vorbei. Angesichts der zunehmenden Zahl von Naturkatastrophen müssen Hausbesitzer nicht nur mehr zahlen, sondern auch in Kauf nehmen, dass manche Immobilien je nach Standort schlicht nicht mehr versicherbar sind.
Helvetia setzt bei der Transformation ihres Geschäfts massiv auf künstliche Intelligenz (KI). „Innerhalb weniger Jahre wird die Mehrheit der einfachen Schadensfälle automatisiert abgewickelt“, so Fabian Rupprecht. KI werde Entschädigungszahlungen beschleunigen, Verwaltungskosten senken und die Betrugserkennung verbessern. Diese Automatisierung geht jedoch mit massiven Stellenabbau einher: Bis 2027 sollen 500 Stellen wegfallen. Dies ist Teil eines 200 Millionen Franken schweren Sparplans. Der CEO versichert jedoch, dass die Mitarbeitenden für neue Aufgaben im Bereich Datenmanagement und Cybersicherheit geschult werden.
Cyberangriffe seien ein Risiko, gegen das man sich heute kaum versichern könne, betont Fabian Rupprecht. Denn es fehle an Daten dazu und der potenzielle Schaden übersteige oft die finanziellen Möglichkeiten der Unternehmen. In der Schweiz können sich nur noch KMU gegen solche Risiken versichern – vorausgesetzt, ihre Schwachstellen werden richtig analysiert. «Viele Unternehmen glauben immer noch, sie würden nicht angegriffen. Das ist ein Irrtum», warnt der CEO und plädiert für mehr Prävention statt für eine flächendeckende Absicherung.
Im heutigen «SonntagsBlick» spricht Mario Greco, CEO der Zurich Versicherung, über die zunehmende Häufigkeit von Naturkatastrophen. Für ihn besteht die Aufgabe eines Versicherers darin, deren Auswirkungen und Schäden zu minimieren. Dies erreiche er, indem er seine Kunden berate, wie sie die Folgen von Naturkatastrophen verhindern und mildern können. Er glaubt zudem, dass die Gebäudeversicherungsprämien in Dörfern wie Blatten künftig höher sein werden als beispielsweise in Zürich.
Auch auf die Bedrohung durch Cyberangriffe angesprochen, glaubt Mario Greco, dass diese die „größte Herausforderung“ darstellen, der die Versicherer „mit großer Vorsicht begegnen“ müssen.
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