AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes: So kam das Bundesamt zur Einstufung

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AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes: So kam das Bundesamt zur Einstufung

AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes: So kam das Bundesamt zur Einstufung

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Jetzt ist das Gutachten dazu durchgesickert.

Die AfD-Kovorsitzende Alice Weidel wird im Verfassungsschutzbericht mehrfach zitiert.John Mac DougallL/AFP

Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird die AfD bis zu einer gerichtlichen Entscheidung in einem Eilverfahren nicht mehr öffentlich als gesicherte rechtsextremistische Bestrebung bezeichnen. Der Inlandsgeheimdienst gab im Rechtsstreit mit der Partei eine sogenannte Stillhaltezusage ab, wie am Donnerstag bekannt wurde.

Die Behörde hatte die AfD in der vergangenen Woche als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Grundlage dieser Einschätzung ist ein rund 1100 Seiten starkes Gutachten. Das Dokument war bislang unter Verschluss. Nun hat die Plattform Frag den Staat einen Auszug veröffentlicht und der Spiegel Einblick in das komplette Gutachten erhalten. Das Gutachten enthält demnach belastende Aussagen von insgesamt 353 AfD-Mitgliedern aus allen Parteiebenen – von der Kreisebene bis zur Parteispitze.

Die gesammelten Zitate, Aussagen und Veröffentlichungen sollen belegen, dass sich die AfD zunehmend gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung stellt und „Mäßigung“ „nicht in Sicht“ sei. Die Behörde habe einen „starken Verdacht“, dass die AfD sich auch gegen das „Demokratieprinzip“ richte. Ihre Funktionäre diffamierten „fortwährend pauschal“ Vertreter anderer Parteien und machten diese etwa als „Gemeinschaft von Politgangstern“ oder als „Volksverräter“ verächtlich.

Die belastenden Aussagen werden vier zentralen Kategorien zugeordnet: ethnisch-abstammungsmäßige Aussagen und Positionen, Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Demokratieprinzip.

Die AfD-Ko-Vorsitzende Alice Weidel kommt in dem Gutachten mehrfach vor. Besonders hervorgehoben wird ein Interview, das sie im Juli 2023 dem Sender Compact TV gab. Darin äußerte sie sich zu den Unruhen in Frankreich und stellte einen Zusammenhang zwischen Migration und Gewalt her: „Natürlich ist das bei uns möglich, weil dadurch die Parallelgesellschaften gefördert wurden, wenn sie einfach zu ... einen zu großen Influx haben von Menschen aus einem kulturfremden Kontext, aus gewaltbereiten Kulturen, so Messerkriminalität zum Beispiel.“

Weidel wird Islamfeindlichkeit vorgeworfen

Der Verfassungsschutz ordnet diese Aussage der Kategorie „ethnisch-abstammungsmäßige Aussagen und Positionen“ zu – also einer Denkweise, die davon ausgeht, dass bestimmte Gruppen von Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Kultur gefährlicher oder problematischer sind als andere.

Ein weiteres Weidel-Interview aus dem Jahr 2023 wird in der Kategorie „Islamfeindlichkeit“ aufgeführt. Darin äußert sich die Politikerin zu Migration: Deutschland habe sich mit dem Zuzug von „kulturfremden Leuten“ ein „massives gesellschaftspolitisches Problem“ geschaffen, „was entgegen unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist.“

Dem Co-Parteichef Tino Chrupalla wird unter anderem vorgeworfen, bei einer Kundgebung in Nürnberg im April 2023 die CDU-Politiker Friedrich Merz und Norbert Röttgen sowie die damalige Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) als „Vasallen Amerikas“ verunglimpft zu haben. Auch der AfD-Europapolitiker Maximilian Krah wird mehrfach zitiert. So soll er zu einer Äußerung der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt zur Migrationspolitik auf X gesagt haben: „Dieser grüne Generalplan bedeutet Umvolkung.“

Auch Social-Media-Beiträge des AfD-Bundesverbandes spielen im Gutachten eine zentrale Rolle. So schrieb die Partei im September 2024 auf X von einem migrationsbedingten: „Höllensommer“, „den wir derzeit in Deutschland erleben, [der] hat nichts mit dem Klima zu tun. Freibäder sind zu Angsträumen geworden, Messerattacken an der Tagesordnung, während die etablierten Parteien wegschauen“. Unter dem Post wurde ein Bild gepostet: Der Arm eines nicht-weißen Mannes mit einem blutverschmierten Messer.

AfD-Bundestagsabgeordneter spricht von „Bevölkerungsaustausch“

Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete und damalige Vorsitzende der Jugendorganisation Junge Alternative, Hannes Gnauck, wird in dem Gutachten zitiert. „Wir müssen auch wieder entscheiden dürfen, wer überhaupt zu diesem Volk gehört und wer nicht“, sagte Gnauck demnach bei der Wahlkampfveranstaltung in Brandenburg im vergangenen August. „Jeden Einzelnen von euch verbindet mehr mit mir als irgendein Syrer oder irgendein Afghane.“ Das sei „einfach ein Naturgesetz, und darauf können wir alle verdammt stolz sein.“ Gnauck soll bei einer anderen Rede von „Bevölkerungsaustausch“ gesprochen haben.

Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat angekündigt, das Gutachten „sorgfältig auszuwerten“. Im Zusammenhang mit der Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ ist auch die Debatte über ein Verbotsverfahren gegen die AfD neu entbrannt.

Berliner-zeitung

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