Berliner Zeitung vor Ort: Weißer Rauch im Vatikan – es gibt einen neuen Papst

Jubel am Petersplatz im Vatikan, nach 18 Uhr stieg am heutigen Donnerstag weißer Rauch über der Sixtinischen Kapelle auf, in der seit Mittwochnachmittag das Konklave der 133 wahlberechtigten Kardinäle stattgefunden hat: Ein neuer Papst ist damit gewählt, die Sedisvakanz – also die Zeit des unbesetzten Stuhl Petris – ist offiziell beendet. Glockengeläut aus dem Petersdom bestätigt das gerade für die Tausenden vor Ort. Wer das neue Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken weltweit sein wird, zeigt sich wohl innerhalb der nächsten Stunde.
In rund einer Stunde wissen wir, wer neuer Papst istWie lange es nun dauert, bis der Nachfolger von Papst Franziskus bekannt wird, ist nicht genau geregelt. 2005 dauerte es bei der Wahl von Papst Benedikt XVI. rund 51 Minuten, 2013 bei Franziskus wurde 66 Minuten, nachdem weißer Rauch über der Sixtina aufstieg, das „Habemus Papam“ mit den folgenden Informationen über den neuen Papst verkündet.
Im Gegensatz zum zeitlichen Rahmen ist der Ablauf jener Aktionen, die nun gerade zwischen Sixtinischer Kapelle und Petersdom vonstattengehen, genau geregelt: Gleich, nachdem der weiße Rauch aufstieg, wird der „Kandidat“ mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit gefragt, ob er die Wahl annimmt. Theoretisch könnte er dies ablehnen, es ist jedoch äußerst unwahrscheinlich. Mit einem ausgesprochenen „Accepto“ wird er mit diesem Moment offiziell zum Papst. Danach wird er gefragt, welchen Papstnamen er annehmen möchte. Gleich anschließend wird der Papst im sogenannten Raum der Tränen neben der Sixtinischen Kapelle eingekleidet, die traditionelle weiße Soutane steht in drei Größen zur Verfügung.
Nach der symbolischen Treubekundung durch die Kardinäle folgt schon das, worauf nun bereits Zehntausende auf dem und um den Petersplatz sowie weitere hunderte Millionen weltweit warten: Der Auftritt von Dominique Mamberti, dem ranghöchsten Kardinaldiakon. Der Marokkaner wird das Geheimnis lüften, wer schließlich der Nachfolger Petri sein wird.
Menschen vor Ort wollten „Favoriten der Herzen“Spekuliert wurde in den vergangenen Tagen auch in Rom. Viele vor Ort wollten wissen, dass „mit Sicherheit ein Italiener“ Nachfolger von Franziskus sein wird. Mit Matteo Maria Zuppi, dem Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Pierbattista Pizzaballa, dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem sowie dem höchstgehandelten Pietro Parolin, waren tatsächlich drei von ihnen im engsten Favoritenkreis. Ersterer entwickelte sich mit dem Einzug der Kardinäle zum Lieblingskandidaten der Italiener, als er als einziger herzhaft in die Kamera lächelte und das Video davon viral ging.
Überraschend: Sogar die afrikanischen Pilger und Medienvertreter vor Ort glaubten zu großen Teilen, dass die Katholische Kirche 2025 noch nicht bereit für den ersten afrikanischen Papst sei. Auch einen Deutschen – Gerhard Ludwig Müller, Richter an der Apostolischen Signatur, wurden immer wieder Chancen eingeräumt – wollte kaum jemand sehen.
Auffallend oft hörte man allerdings von einem „Favoriten der Herzen“, den sich zwar die meisten Gläubigen als Papst wünschen würden, der in den Reihen der Kardinäle nach Meinung vieler aber keine Mehrheit finde: Der ehemalige Erzbischof von Manila, Luis Antonio Tagle. Videos, die ihn tanzend und singend zeigten, begeisterten Gläubige und gaben Hoffnung auf eine sich weiter öffnende Kirche – für Kirchenkenner ist klar, dass ihm genau das für die Wahl geschadet hat.
So sehr man althergebrachten Vorstellungen mancher Kirchenvertreter daher zu kritisieren wusste: Der Bann, in den die Papstwahl die Menschen zog, war beeindruckend. War nach den Begräbnisfeierlichkeiten für Franziskus allmählich Ruhe um das Gebiet des Vatikans eingekehrt, so änderte sich das mit Mittwochnachmittag schlagartig. „Stell Dir vor, es ist Konklave und jeder geht hin.“ So oder so ähnlich konnte man – in Anlehnung an einen berühmten Slogan der deutschen Friedensbewegung der 1960er Jahre – die allgemeine Stimmung im völlig mit Pilgern, Touristen und Schaulustigen überfüllten Rom seit Mittwoch beschrieben. An zentralen Kreuzungen wurden quer durch die Stadt Hinweise aufgestellt, wie man von hier aus am besten zum Vatikan kommt. Auch in Metrostationen gab es ähnliche Kennzeichnungen. Ob der Gefährdungslage war auch den Sicherheitskräften durchaus Anspannung anzusehen.
Dass man den Humor vor Ort aber nicht verloren hat, zeigt der Running Gag dieser Tage: Der Satz, man hoffe auf weißen oder schwarzen, aber zumindest nicht auf orangen Rauch, war in Anspielung auf das vom Weißen Haus verbreiteter KI-generierte Papstfoto von US-Präsident Donald Trump in und um den Vatikan in den verschiedensten Versionen stündlich zu hören.
Richtungsentscheidung für Katholische KircheBei aller Lockerheit steht jedoch fest, dass die gerade zu Ende gegangene Papstwahl eine Richtungsentscheidung für die Zukunft der größten Glaubensgemeinschaft der Welt war. Nicht zufällig sahen Gläubige in den Wetterkapriolen in den Stunden vor Beginn des Konklaves quasi ein göttliches Zeichen. Regen und Sonnenschein wechselten sich mitunter minütlich ab, nicht selten regnete es über dem Vatikan in Strömen, während zeitgleich die Sonne schien. „Dunkle Wolken über St. Peter“, meinten die einen zu interpretieren. „Der Herr schickt die Sonne durch die Regenwolken“, glaubten die anderen. Unterbrochen wurde das Wechselspiel nur von starken Windböen, die manche ebenso als Ausrufezeichen verstehen wollten. Ob mit dem neuen Papst nun positiv-frischer Wind in die Kurie einziehen oder man eher mit heftigen Stürmen rechnen muss, wird sich wohl schon bald zeigen.
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Berliner-zeitung