RND-Kommentar: Eine Alkoholsteuer allein löst das Problem nicht

Die Deutschen trinken zu viel Alkohol. Das ist nicht neu, denn in wenigen Ländern ist Alkohol so etabliert in der Gesellschaft, wird so kompromisslos das freie Trinken gefördert wie in Deutschland. Es gibt hierzulande ja sogar Orte, die dem Namen nach dem reinen Alkoholkonsum dienen: Biergarten.
Dass nun einige Personen aus Wissenschaft und Politik eine höhere Alkoholsteuer fordern, ist naheliegend. Das Geld zum Ausgeben ist immerhin endlich.

Experten fordern höhere Steuern auf alkoholische Getränke. Damit soll der Konsum eingedämmt werden. Er sei immer noch zu hoch in unserer Gesellschaft.
Trotzdem ist der Hebel über die Preisgestaltung nicht das Allheilmittel. Gerne argumentieren Befürworter damit, dass in den skandinavischen Ländern, wo Alkohol deutlich teurer ist, weniger getrunken wird. Das mag für Norwegen und Schweden gelten. In Grönland hingegen, wo ein Bier in einer Gaststätte rund 9,80 Euro kostet, haben Studien zufolge 56 Prozent der Männer und 48 Prozent der Frauen zwischen 15 und 24 Jahren einen problematischen Alkoholkonsum.
Dass der Preis alleine nicht reicht, zeigt auch ein Vergleich mit Österreich, Frankreich und Luxemburg. Alkohol ist dort im Schnitt ebenfalls teurer als hierzulande, der Konsum ist dennoch höher als in Deutschland.
Die Zahlen offenbaren, dass Geld alleine nicht der entscheidende Faktor ist. Es hat etwas mit der Haltung zu tun. Gesellschaftlich wird Alkohol in Norwegen und Schweden nicht als Getränk für zwischendurch, sondern als ungesundes Genussmittel, das viele Gefahren birgt, diskutiert. Nie enden wollende Sommerabende im Garten setzen keine Auswahl an Alkohol voraus.
Immerhin ist Deutschland auf dem richtigen Weg: Der Alkoholkonsum insgesamt ist in den vergangenen Jahren gesunken, die Jugend greift deutlich seltener zu Bier, Wein und Spirituosen. Die Beliebtheit von alkoholfreiem Bier, Sekt, Gin steigt hingegen. Getrunken wird offenbar bewusster: ein Glas Wein nicht nebenbei, sondern als Genussprodukt in dem einen Moment.
Diese Entwicklung sollte gefördert werden. Dafür muss Alkohol aber auch in Deutschland als das definiert werden, was er ist. Als etwas, was auch in kleinen Mengen Schaden anrichten kann. Als etwas, das ein hohes Suchtpotenzial birgt. Als etwas, das einen weniger zurechnungsfähig macht. Alkohol sollten nicht cool sein, nicht jene, die keinen trinken, sollten sich rechtfertigen müssen.
Nur: In einem Land, in dem schon Kinder minutenlang im Fernsehen damit beschallt werden, wie toll Bier ist, wird das nicht passieren.
Der Umgang mit Tabak hat gezeigt, wie es gehen kann. Hier hat Deutschland weitreichende Maßnahmen getroffen. Der Preis für Zigaretten stieg, die Werbung wurde nach und nach verboten, es gab immer mehr rauchfreie Zonen im öffentlichen Raum und die Diskussion wurde sachlicher geführt. Die Folge: Binnen 25 Jahren ist die Zahl der Raucherinnen und Raucher von 22,2 auf 16,2 Millionen gesunken.
rnd