Hier ist es ein Irrenhaus, meine Frau traut sich nicht mehr, hier Rad zu fahren.
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Tring-tring! Nebeneinander Radeln und sich unterhalten – das ist auf einer Radtour vom Bahnhof Den Haag Hollands Spoor zum Stadtteil Bloemenbuurt einfach nicht möglich. Ständig muss man abbremsen oder beschleunigen, weil etwas vorbei muss: ein Stadtrad, Rennrad oder Lastenfahrrad, ein Lieferdienst, ein Volkswagen mit dröhnenden Lautsprechern, ein Bus, eine Straßenbahn. Ständig muss man ausweichen, um einem in zweiter Reihe geparkten Auto, einem Dreirad oder einem Fußgänger, der in sein Handy vertieft ist, auszuweichen. Und es ist Samstagmorgen: bei weitem nicht so viel los wie an Wochentagen.
„Was ist das denn für ein Fortbewegungsmittel?“, fragt Jos de Jong (65), als ein Roller mit Doppelvorderrädern vorbeifährt. Kurz zuvor ruft er auf einem abgetrennten Radweg in der Valkenboslaan über die Schulter: „Das ist zwar ordentlich angelegt, aber viel zu schmal!“ Eltern und Kind können hier gerade so nebeneinander fahren – aber überholen will ja keiner. Dabei, so de Jong, hätte es auch anders gehen können: Die Autos haben zwei breite Fahrspuren und gleich drei Parkstreifen.
De Jong ist Vorsitzender des Radfahrerverbands (Fietsersbond) in der Region Den Haag. Das bedeutet, dass er Ideen einbringt und sich für mehr Fahrradspaß und Sicherheit bei der Gestaltung öffentlicher Räume einsetzt. Er hat ein echtes Anliegen, denn die Zahl der tödlich verunglückten Radfahrer steigt. Zwischen 2018 und 2023 stieg die Zahl der Menschen, die nach Verkehrsunfällen mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert wurden, von 23.300 auf 25.400 – und dabei handelte es sich hauptsächlich um Radfahrer. Im Jahr 2022 gab es 290 tödliche Fahrradunfälle, die höchste Zahl seit 27 Jahren.
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Die Innenstadt von Den Haag weist zahlreiche Barrieren für Radfahrer auf. Foto: Walter Herfst
Die Gemeinde Den Haag ist auf der Verkehrsunfallkarte dunkelrot eingefärbt. Im vergangenen Jahr wurden der Polizei 5.662 Verkehrsunfälle gemeldet, die höchste Zahl seit dem Jahr 2000. Und, so De Jong, bis 2040 werde die Zahl der Radfahrer in Den Haag aufgrund des Bevölkerungswachstums um 40 Prozent steigen. Auch die Zahl der Unfälle werde zunehmen, wie im Rest des Landes erwartet.
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Dies veranlasste Minister Robert Tieman (Infrastruktur, BBB), dem Repräsentantenhaus am Donnerstag einen „Mehrjahresplan für Fahrradsicherheit“ vorzulegen. Dieser enthält mehrere Maßnahmen, die helfen sollen, beispielsweise die Förderung der Helmnutzung. Besonders bemerkenswert ist, dass Gemeinden mit einer Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung auf Radwegen experimentieren dürfen. Dies soll dazu beitragen, getunte Fatbikes, die Ursache vieler schwerer Unfälle, zu bekämpfen. Krankenhäuser haben bereits Alarm geschlagen. Und die Gemeinde Enschede kündigte diese Woche an, Fatbikes in der Innenstadt verbieten zu wollen.
Diese Ideen seien natürlich gut gemeint, sagt De Jong. „Aber sie helfen nichts.“ Es gebe bereits ein Tempolimit für Radfahrer: 25 Stundenkilometer. „Es wird nur nicht durchgesetzt.“ Und ein Verbot für Fatbikes? „Das ist rechtlich nicht ganz einfach. Es ist nicht so einfach, zwischen den Verkehrsmitteln zu unterscheiden.“ Die Lösung, so glaubt er, sei viel einfacher: „Rasende Radfahrer auf die Fahrbahn verlegen und dort das Tempolimit auf 30 Stundenkilometer reduzieren.“
Doch die Einschränkung der Autonutzung ist ein politisch heikles Thema. Während der Radtour zeigt De Jong Orte, an denen seine Lobbyarbeit erfolglos blieb. Hobbemastraat: eine belebte Einkaufsstraße mit zwei Straßenbahnspuren, Parkplätzen und breiten Straßen. Kein Radweg, Tempolimit 50. „Die Geschäftsinhaber waren dagegen, weil ihre Kunden mit dem Auto fahren.“ Kemperstraat: kein Radweg, Tempolimit 50.
VerwirrendDurch De Jongs Augen sieht man, wie viel für Radfahrer noch zu gewinnen ist. Radwege werden plötzlich schmaler oder enden genauso plötzlich, wie sie beginnen. Manche Orte sind überfüllt und verwirrend: Wo soll man nur hin? Wie am Hobbemaplein in der Nähe des Haager Marktes, wo sich vor den Geldautomaten eine Autoschlange bildet. „Diese Situation ist lächerlich“, sagt De Jong. „Außerdem ist es hier sehr gefährlich für Autos. Und für Fußgänger: Sollte man hier nicht mit dem Kinderwagen laufen können?“
Doch der Goudenregenplein ist ihm ein Dorn im Auge. Radfahrer, Autos und Fußgänger müssen die schmale Verbindungsstraße überqueren, auf der mit 50 Stundenkilometern gefahren wird, ohne Radweg und Ampel. „Hier sieht man auf dem Stadtplan von Den Haag nur rote Punkte, die Verkehrsunfälle anzeigen“, sagt De Jong. „Manchmal stehe ich um 16 Uhr hier, und es ist ein Irrenhaus.“ Dann fahren die Gymnasiasten der benachbarten Schule mit dem Fahrrad nach Hause. „Auch sie landen manchmal zwischen den Straßenbahnschienen.“ Radfahrer müssen sich zwischen den Autos hindurchzwängen, was immer schwieriger wird, da die Autos „immer breiter werden“. „Meine Frau traut sich nicht mehr, hier Rad zu fahren.“
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Die Dinge laufen tatsächlich gut: Radfahrern wird in der Politik mehr Aufmerksamkeit geschenkt. In Utrecht und Amsterdam, den sogenannten Fahrradstädten, werden Autos zunehmend zu „Gästen“ oder sogar unerwünscht. Amsterdam führte Ende 2023 ein Tempolimit von 30 km/h ein. Doch in Den Haag und vielen anderen Städten, so De Jong, liege der Fokus immer noch zu stark auf Autos. Stadträte finden es oft zu kompliziert, Radfahrern wirklich Vorrang einzuräumen, „und freuen sich nicht auf den Prozess der Bürgerbeteiligung“.
Mittlerweile hat sich bereits eine neue Aktivistengruppe gebildet: die der Fußgänger. „Die Leute gehen mehr zu Fuß, Gehen ist in Mode. Es gibt auch Leute, die sagen: Gebt den Fußgängern einen viel größeren Anteil am verfügbaren Platz. Sie plädieren für ein Tempolimit von 15 Stundenkilometern. Ich wünsche ihnen viel Erfolg.“
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