Warum Tan Lines heute so beliebt sind – und was daran problematisch ist

Mit dem Aufkommen des "California Cool" in den 1960er- und 1970er-Jahren wurde die Bräune zum Synonym für Jugend, Freiheit und Sex-Appeal. Man denke nur an Slim Aarons’ ikonische Pool-Fotos: draußen, unbeschwert, perfekt gebräunt. "In den 60ern und 70ern galten Tan Lines von knappen Bikinis oder gehäkelten Tops als sexuell aufgeladen", sagt Kunst- und Modehistorikerin Elizabeth L. Block. Werbung spielte diese Reize gerne aus – teils aber auch auf eine sehr fragwürdige Art und Weise. "Die Coppertone-Baby-Werbung aus dieser Zeit hatte leider eine nachhaltige Wirkung", so Block. Das Logo der Marke – ein Cartoon, in dem ein Hund das Höschen eines kleinen Mädchens herunterzieht und ihre Bräunungsstreifen zeigt – war damals weitgehend akzeptiert, wirkt heute jedoch zutiefst verstörend. Die kulturelle Besessenheit von gebräunter Haut hielt aber weiter an.
In den 1980er-Jahren blühte die Strandkultur, und das Bräunen war zu einem regelrechten Phänomen geworden. Menschen experimentierten mit (heute gesundheitlich bedenklichen) Methoden, um in ihren hochgeschnittenen Badeanzügen braun zu werden, indem sie sich mit Babyöl einschmierten, sich mit Coca-Cola übergossen und stundenlang in der Sonne lagen.
In den 90ern wurde man sich der Hautschäden bewusstNach Jahrzehnten sonnenbedingter Hautschäden setzte in den 1990er-Jahren ein Umdenken ein – angetrieben durch Kampagnen für die öffentliche Gesundheit, Durchbrüche bei der Aufklärung über Hautkrebs und der dermatologischen Forschung sowie eine Verschiebung der Schönheitsideale, die der Sicherheit der Haut Vorrang vor Sonnenbräune einräumten. Seitdem haben sich Sonnencremes zu einem unverzichtbaren Alltagsprodukt entwickelt. "Aufklärung ist der Schlüssel", sagt Riley Armand, Senior Marketing Director bei Sun Bum. "Für uns steht der Lichtschutzfaktor an erster Stelle. Der nachfolgende Glanz ist zweitrangig." Und so kam der Selbstbräuner ins Spiel.
Tan Lines sind ein Schönheitsideal, das auf Weißsein basiertIn den frühen 2000er-Jahren drehte sich alles um DIY-Bräune, die nicht nur Selbstbräuner, sondern auch Besuche im Solarium umfassten. Tief gebräunte Haut à la Paris Hilton war "hot" – selbst für die Sonnenmuffel. Zeitschriften und Schönheitskampagnen warben für makellose Bräune ohne Streifen, ohne Ränder, ohne Fehler. Wieder einmal ging der Trend dahin, dass Tan Lines als Makel galten. Und diese Illusion war, wie so viele Schönheitsnormen, auf das Weißsein ausgerichtet.
Noelle Cantarano, Vizepräsidentin für globales Marketing bei Isle of Paradise, Tan-Luxe und Tanologist, weist darauf hin, dass die Ästhetik nicht gerade inklusiv war. "Gebräunte Haut war erstrebenswert", sagt sie, "aber sie war auch mit Exklusivität verbunden und fühlte sich für viele oft unerreichbar an". Ob durch Sonne, Solarium oder Selbstbräuner erreicht, das Schönheitsideal war eng definiert und ist auch heute noch eng mit weißer Haut verbunden.
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