Diplomatische Erklärung, kriegerische Worte

Die gemeinsame Erklärung der Regierungen Mexikos und der USA vom 3. September nach dem Besuch von Außenminister Marco Rubio bei Präsidentin Claudia Sheinbaum betont die Sicherheitszusammenarbeit. Auf dem Papier klingt sie einwandfrei: Respekt vor der Souveränität, gegenseitiges Vertrauen und geteilte Verantwortung. Sie kündigt die Einrichtung einer hochrangigen Gruppe an, die Themen wie Kartelle, Grenzsicherheit, geheime Tunnel, illegale Finanzströme und Treibstoffdiebstahl überwachen soll. Sie koordiniert sogar Gesundheitskampagnen zur Verhinderung von Opioidkonsum.
Der Text vermittelt das Bild zweier Regierungen, die respektvoll und koordiniert Seite an Seite arbeiten. Es ist pure Diplomatie: eine Sprache, die darauf ausgelegt ist, keine der beiden Seiten zu verärgern. Doch was in Mexiko unterzeichnet wurde und was Rubio und sein Chef wenige Tage zuvor sagten, zeichnet ein anderes Bild.
Am vergangenen Dienstag sprach Rubio über die von Trump angeordnete Zerstörung eines Bootes in der Karibik, das Venezuela angeblich mit Drogen beladen und von einer „Drogen-Terrororganisation“ betrieben verlassen hatte. Er sagte, die Zeiten, in denen Drogenhändler ihre Ladung beschlagnahmten und anschließend „ungestraft“ weiterhandelten, seien vorbei. Jetzt werde die gesamte Macht der USA, wo auch immer sie sich befinde, gegen die Kartelle eingesetzt.
Er machte deutlich, dass es sich um eine regionale Offensive handelt, da Drogen aus Südamerika nicht nur in die USA, sondern auch nach Europa und in die Karibik gelangen. Er versicherte daher, dass die Militäroperationen fortgesetzt würden. Obwohl er Mexiko nicht erwähnte, ist seine Botschaft eindeutig: Für die USA sind Drogenhändler keine gewöhnlichen Kriminellen, sondern Terroristen, die den Einsatz militärischer Gewalt rechtfertigen.
Noch brisanter waren Donald Trumps Äußerungen in seinem Interview mit der rechtsgerichteten Website dailycaller.com vom vergangenen Freitag. Er bewunderte Sheinbaum, wiederholte aber, dass „Mexiko von den Kartellen kontrolliert wird“ und dass er angeboten habe, Truppen nach Mexiko zu schicken, was sie jedoch abgelehnt habe, „weil sie Angst hat“. Seine Worte widersprechen der Aussage: Während in Mexiko von Vertrauen und Souveränität die Rede war, wird unser Land in den USA als ein von Drogenhändlern gefangener Staat dargestellt, dessen Präsident unfähig sei, harte Entscheidungen zu treffen.
Hierin liegt der zentrale Widerspruch. In der bilateralen Erklärung ist von Kooperation und Souveränität die Rede; Rubio und Trump sprechen in offen aggressiver Sprache von Krieg und von Ländern, die „von Kartellen kontrolliert“ werden. Mexiko betont die Koordinierung der Institutionen und die Stärkung der Inspektionen. Den USA geht es um den Kampf gegen Terrororganisationen, die Amerikaner mit Fentanyl und Kokain töten.
Der Kontrast ist nicht gering. Wenn die USA eine Lieferung aus Mexiko als Bedrohung ihrer Sicherheit betrachten, liefert die Erzählung vom „Narkoterrorismus“ einen Vorwand für militärische Maßnahmen. Was in Erklärungen nach Kooperation klingt, kann in der Praxis zu einer Lizenz für eine bewaffnete Intervention werden.
Letztlich ist die Erklärung für beide Regierungen nützlich. Claudia Sheinbaum strahlt Entschlossenheit aus, indem sie auf Respekt vor der Souveränität besteht; Trump und Rubio zeigen Fortschritte im Kampf gegen Drogen. Doch der Unterschied in der Sprache sollte nicht übersehen werden. Mexiko agiert im Bereich der Diplomatie, während die USA im Bereich des Krieges agieren. Diese Kluft könnte früher oder später zu einem ernsthaften Konflikt führen.
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Eleconomista