Die 77 Mitglieder umfassende M5S kämpft um die Präsidentschaft, doch nur Conte steht ganz oben auf dem Podium.


LaPresse
Es gibt keine Zugabe ohne eine dritte
Nun beginnt das vielleicht surrealste Ritual der italienischen Politik: die Online-Vorwahlen der Fünf-Sterne-Bewegung zur Wahl des „neuen“ Präsidenten. Am Ende wird natürlich Giuseppe Conte gewählt. Schließlich heißen sie „Vorwahlen“, aber das Ergebnis ist zweitrangig.
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Es gibt keinen Zweiten ohne einen Dritten. Conte , der zwei Jahre lang als Premierminister amtierte, steht nun nicht mehr an der Spitze der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und ist bereit für eine Revanche. Unglaubliche 77 Selbstkandidaten sind gegen ihn. Nicht einmal Totò gegen Maciste. Die Partei, die die Politik revolutionieren wollte, hat das Ereignis verstreichen lassen wie eine Frist für eine Eigentumswohnung. Ohne großes Aufsehen, ohne Alarm, fast so, als wäre es eine Enel-Rechnung. Und doch beginnt hier die vielleicht surrealste Liturgie der italienischen Politik: die Online-Vorwahlen der Fünf-Sterne-Bewegung zur Wahl des „neuen“ Präsidenten. Kein Zweikampf, keine knappe Stichwahl, sondern ein Kirmes – um genau zu sein – mit 77 Selbstkandidaten. Genug, um zwei Reisebusse auf dem Weg nach Mirabilandia zu füllen. Die Frist zur Einreichung der Kandidaturen endete am Mittwoch um 22 Uhr, wie die Bewegung auf ihrer Website bekannt gab. Nun beginnt der Prozess der Verifizierung, der Unterschriftensammlung und der Online-Abstimmung. Am Ende wird er, Giuseppe Conte, natürlich gewählt. Schließlich heißen sie „Vorwahlen“, aber das Ergebnis ist zweitrangig. Eigentlich steht es schon fest. Es lohnt sich jedoch, das Drehbuch zu lesen. Hier ist, was passieren wird.
Erster Akt. Poetische Bürokratie Der „Garantieausschuss“ wird die Lebensläufe der 77 sorgfältig prüfen, wie ein Notar einen komplizierten Erbfall. Er wird überprüfen, ob alle 77 berechtigt sind. Dies ist der Akt, mit dem die Antipolitik das Kanzleramt mit seinen (digitalen) Akten und Ordnern entlarvt.
Zweiter Akt: Die Signature Collection Für jeden der Kandidaten, die den ersten Akt überlebt haben, werden 500 Unterschriften benötigt. Dies ist der ergreifendste Teil der Handlung. Der Aktivist, der Freunde aus der Kindheit anruft, der Militante, der alte WhatsApp-Gruppen wieder öffnet, der Tankwart, der Kunden um einen Solidaritäts-Klick bittet. Im Wesentlichen ist es der Akt, bei dem bürgerliche Träume an der Kontaktliste gemessen werden.
Akt III. Katalog der Menschentypen Hier sind Ihrer Fantasie keine Grenzen gesetzt. Hier sind die tatsächlichen Kandidaten; in wenigen Tagen werden ihre Namen und Biografien offiziell bekannt gegeben: der Buchhalter aus Ramàzzano le Pulci, der das Wort „Transparenz“ zu konjugieren weiß; der Professor aus Strangolagalli, der Gramsci zitiert; der gescheiterte Ex-Parlamentarier, der nicht aufgeben will; der verfassungsbesessene Rentner. 77 Charaktere auf Klickjagd. Pirandello, oder fast.
Vierter Akt. Der letzte Klick Endlich stimmen die Mitglieder online ab, die Plattform schwitzt, die direkte Demokratie atmet mit der Ladezeit der Seite. Es ist die Oscar-Nacht ohne Smoking. Das Warten dauert nur wenige Sekunden, das Kreisdiagramm erledigt den Rest. Und unter 77 Präsidentschaftsanwärtern gewinnt derjenige, der bereits Präsident war. Ein Herr mit Einstecktuch, geboren in Volturara Appula, von Beruf Giuseppe.
Vorhang Zwischenakt. Applaus. Und wieder einmal ist Conte der Präsident.
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