"Sie nennen es Liebe" von Chloé Delaume, damit Scham die Zeit verändert

Rezensionen, Interviews, Auswahl... „Libé“ führt Sie durch die Gänge der 47. Ausgabe der Buchmesse von Nancy, einem großen Literaturereignis, das vom 12. bis 14. September stattfindet.
Clotilde Mélisse, Chloé Delaumes romantisches Double, schleppt ihren Rollkoffer über das Kopfsteinpflaster, als trüge sie einen Traum. Hier ist sie nun, zurück in einer Landschaft, die sie hinter sich geglaubt hatte. Doch der Zufall ist nicht jedermanns Sache, oder so etwas wie Zufall gibt es gar nicht (vor allem nicht in Romanen): Für das Allerheiligenwochenende haben ihre Freundinnen (Adélaïde, Bérangère, Judith, Hermeline, wir verfolgen sie seit Le Cœur synthétique ) ein Haus unweit von Clotildes Ex-Paradies ( „Monsieur“, er wird nur so genannt) gemietet. Noch ein bisschen weiter, und wir könnten uns in der Rubrik „Frauenliteratur“ befinden, wären wir doch im Zuhause der Forscherin Delaume: Selbst in einer eingängigeren Seite ihres Werks gibt es unter der Oberfläche immer Raum für Experimente. Nachdem sie sich eingelebt hat, betrachtet Clotilde sich im Spiegel. „Bis jetzt hatte sie es geschafft, es zu tarnen, ja, es sogar zu vergessen, indem sie Make-up aus einer Mischung von Gips und Reispuder auftrug. Jetzt, wo sie nackt ist, gibt sie es zu: kein Gesicht mehr. Wie konnte das passieren?“
Libération