Rath checkt ein: Wiens Rückzugsort für Ästheten

Das Hotel „The Amauris Vienna“ in Wien empfängt Gäste in einem ehemaligen Stadtpalais. Wer hier übernachtet, hat Top-Sehenswürdigkeiten wie Staatsoper, Karlskirche und Stadtpark direkt vor der Tür
Am Kärntner Ring wirft sich Wien voller Hingabe in Pose: breite Boulevards, historische Fassaden, Fiaker, die um die Ecke rollen. Hier war die Stadt schon immer eine Bühne – und Grandhotels wie das „Imperial“, das „Bristol“ und das „Ritz-Carlton“ stellen seit Jahrzehnten die Logenplätze.
Mich zieht es jedoch diesmal ins „The Amauris Vienna“, ein Haus mit Geschichte und großem Talent, diese ganz neu zu erzählen. Über viele Jahre war das 1860 erbaute Stadtpalais als „The Ring“ bekannt, ehe es sich radikal wandelte: als Rückzugsort für Ästheten, als Plattform für Design, Kunst und zeitgenössische Kulinarik. Seit 2023 ist das „The Amouris Vienna“ zudem Mitglied der renommierten Hotelvereinigung Relais & Châteaux, ein Zeichen für höchste Qualität und individuellen Charme.
Eine gelungene VerwandlungDie Lage des Fünf-Sterne-Hotels könnte kaum besser sein. Es liegt nur 150 Meter vom „Musikverein“ entfernt, zwischen Staatsoper, Karlskirche und Stadtpark. Ein idealer Ausgangspunkt für alle, die in Wien ihrer Leidenschaft für Kultur und Architektur nachgehen und eine unverwechselbare Atmosphäre genießen wollen. Hier steigen Geschäftsreisende ab, die Ruhe und Komfort schätzen, und Stadturlauber, die mehr wollen als ein Selfie vor dem Stephansdom.
Während viele Hotels den Namen einer Gründerfigur tragen, einer Adresse oder eines historischen Moments, hat sich „The Amauris Vienna“ für die Bezeichnung einer Schmetterlingsart entschieden. Eine auf mehreren Ebenen symbolische Wahl, schließlich sind Gäste tatsächlich flüchtige Besucher, die weite Strecken zurücklegen, um etwas Neues zu entdecken und verändert in ihre Heimat zurückzukehren.
Außerdem ist der Schmetterling ein Sinnbild für die Metamorphose, wie sie auch das Hotel ab 2021 erlebt hat. In den folgenden zwei Jahren wurde der Ringstraßenbau aufwendig renoviert und neu gedacht, begleitet vom Wiener Architekturbüro Hoppe + Partner und dem Interior Designer Nikola Arambašić aus Zagreb. Die elegante Fassade blieb erhalten, während im Inneren des Gebäudes ein subtiler Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart entstand.
Viele der Zimmerdecken aus dem 19. Jahrhundert wurden erhalten und in das neue Designkonzept integriert
© The Amauris Vienna
Das „Amauris Vienna“ ist ein mondänes Grandhotel mit dem eigenwilligen Charakter eines Boutiquehotels: geschmackvoll, präzise inszeniert und sehr persönlich. Die 62 eleganten Zimmer und Suiten verteilen sich über die Etagen und jeder Raum wirkt bis ins kleinste Detail durchdacht. Dabei treffen Elemente des Jugendstils auf Stücke des Art déco und moderne Klassiker. Ein Highlight ist die „Opera Suite“, die sich auf 120 Quadratmetern erstreckt und von ihrem Balkon einen direkten Blick auf die Staatsoper ermöglicht – Für rund 3000 Euro pro Nacht.
Was mir besonders gefällt, ist die Haptik der verbauten Materialien. Nahezu überall kann man mit der Hand über glänzend polierten Carrara-Marmor streichen – mal weiß, mal grün, rot oder tiefblau – der dem Hotel eine skulpturale Erscheinung verleiht. Stolze 160 Tonnen wurden vor der Wiedereröffnung verarbeitet. Selbst die hohen Zimmertüren bestehen aus massivem Marmor und statt eines Griffs werden sie per Sensor geöffnet.
Neben Fassade und Stuck blieb auch der Jugendstil-Aufzug des Ringstraßenbaus erhalten – und im Einsatz
© Daniel Heinrich / The Amauris Vienna
Auch der Spabereich folgt dem gleichermaßen hohen Anspruch an Design und Funktionalität. So liegt der Indoor-Pool unter einem Glasdach, das tagsüber Licht einfallen lässt und nachts geöffnet werden kann, um den Sternenhimmel über Wien zu offenbaren. Eine finnische Sauna, ein Dampfbad, ein Massageraum und Ruhezonen runden das Wellnessangebot ab.
Bei aller Neugestaltung ist es schön, dass auch die Vergangenheit des prunkvollen Palais präsent ist. Geblieben sind beispielsweise das imposante Treppenhaus, der herrliche Stuck, die Ringstraßenfassade und der historische Aufzug, der noch heute leise durchs Haus gleitet.
Wie im „Glasswing Restaurant“ setzen Gemälde aus der Sammlung der Eigentümer im ganzen Hotel kunstvolle Akzente
© Tony Gigov / The Amauris Vienna
Was das Haus darüber hinaus einzigartig macht, ist seine Kunst. Anders als in vielen Hotels ist sie nicht bloß Dekoration, sondern Teil seiner neuen Identität und deren Inszenierung. Überall begegnet man Gemälden aus der privaten Sammlung der Eigentümerfamilie Breitenender, ihren Lieblingsstücken. Ich sehe die Werke etlicher österreichischer Künstler des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, wie Emil Jakob Schindler, Carl Moll, Olga Wisinger-Florian oder Alexander Rothaug. Letzterer ist gleich in mehreren Räumen prominent vertreten.
Ergänzt werden diese historischen Arbeiten durch zeitgenössische Akzente, wie das großflächige Wandgemälde „Hubirds“ der kroatischen Künstlerin Klara Rusan, das im Treppenhaus hängt und einen weiteren verspielten Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart darstellt. Fast komme ich mir vor wie der Besucher einer Galerie, nur eben mit Zimmerschlüssel statt Vernissage-Einladung.
Das „Glasswing Restaurant“ bietet von der Landesküche inspiriertes Fine Dining in kunstvoller Präsentation
© The Amauris Vienna
Eine Metamorphose der anderen Art erlebe ich auch im „Glasswing Restaurant“, benannt nach dem südamerikanischen Glasflügelfalter. Hier interpretiert Küchenchef Alexandru Simon österreichische Klassiker ganz neu, wahlweise als Sieben-Gänge-Menü oder à la carte. Herzhafte Gerichte wie mediterran veredeltes Kalbsbries, Eierschwammerl (Pfifferlinge) mit Nektarine und Mimolette-Käse oder Rehrücken mit gegrilltem Lattich und Kapern zeigen, wie aufregend vertraute Aromen schmecken können. Selbst ein Marilleneisknödel wird so zum gelungenen Remix des warmen Dessertklassikers.

Neben den regelmäßigen Kolumnen „Rath checkt ein“ veröffentlicht Capital gemeinsam mit dem Hotelexperten und Herausgeber der „101 Besten“, Carsten K. Rath, den Sammelband „Die 101 besten Hotels: Deutschland 2025“. Eine Bestellung des Buches ist per E-Mail an [email protected] möglich oder online unter www.die-101-besten.de/buchband.
Ebenso empfehlenswert ist das ganztags geöffnete „Glasswing Bistro & Bar“ im Erdgeschoss, das eine etwas zugänglichere Alternative zum Fine Dining in legerem Ambiente bietet. Zum gesellschaftlichen Fixpunkt hat sich die „Friday Soirée“ entwickelt – ein Abend, an dem sich Hotelgäste und Wiener bei feinem Fingerfood und kreativen Drinks auf das Wochenende einstimmen.
Preiswürdiges KonzeptEine so konsequente Verbindung zwischen Design, Gastlichkeit und hohem Anspruch in allen Disziplinen ist selten. Deshalb erhält das Hotel in diesem Jahr den begehrten Titel als „Luxury Design & Lifestyle Resort of the Year“ von den „101 besten Hotels“ und zählt damit zu den herausragendsten Adressen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für General Manager Mike Faber ist das eine willkommene Bestätigung: „Im The Amauris Vienna schaffen wir aus Architektur, Kunst und Komfort ein harmonisches Gesamterlebnis. Diese Auszeichnung erfüllt uns mit großer Freude und ist eine wunderbare Bestätigung für das ganze Team.“
Feine Melodien genießen: Das Wiener Konzerthaus zählt zu den wichtigsten Musikstätten der Stadt und bietet ein breites Programm – von Klassik bis zu zeitgenössischer Musik.
Kunstschätze entdecken: Die Sammlung der Albertina beherbergt in einem historischen Palais zahlreiche Meisterwerke von Dürer, Monet oder Picasso. Wechselnde Sonderausstellungen und das elegante Ambiente machen diese Institution zu einem kulturellen Highlight mitten in Wien.
Imperiale Pracht erleben: Die Hofburg vereint Prunksäle, Museen und die Spanische Hofreitschule auf einem weitläufigen Areal. Die frühere Residenz der Habsburger, einst Zentrum der K.u.K-Monarchie, erzählt anschaulich und eindrucksvoll die Geschichte Österreichs.
1 Ganz großes Kino2 Wenn’s nur immer so wäre3 Meckern auf hohem Niveau4 So lala, nicht oh, là, là5 Besser als im Hostel6 Ausdrückliche Reisewarnung
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