Iqbal Khan contra Rob Karofsky: Bei der UBS bringen sich die möglichen Ermotti-Nachfolger in Stellung


Illustration Dario Veréb / NZZaS
Die UBS hat diese Woche ein solides Resultat zum Halbjahr abgeliefert. Ausgerechnet in den Vereinigten Staaten läuft das Geschäft der Grossbank aber schleppend. In ihrem grössten Markt haben Kunden in der Vermögensverwaltung 3,5 Milliarden Dollar abgezogen. Deutlich besser lief es der UBS dagegen in ihrem zweiten Schlüsselmarkt, in Asien. Dort hat sie im selben Zeitraum 11,1 Milliarden Dollar Neugeld eingesammelt.
NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.
Bitte passen Sie die Einstellungen an.
Wie sich die UBS in ihren wichtigsten Märkten schlägt, wird nicht nur in der Bank aufmerksam beobachtet. Denn Rob Karofsky, der für das Amerika-Geschäft der UBS verantwortlich ist, und der Asien-Chef Iqbal Khan gelten beide als aussichtsreiche Kandidaten für die Nachfolge von Sergio Ermotti.
Die beiden üben ihre Funktion als Doppelspitze erst seit Juli 2024 aus. Rob Karofsky, bis dahin Chef der UBS-Investmentbank, wurde damals neben Iqbal Khan zum Co-Chef der Sparte Global Wealth Management. Gleichzeitig wurden beide mit regionaler Führungsverantwortung ausgestattet.
Der Wechsel trägt die Handschrift von Colm Kelleher. Der Verwaltungsratspräsident der UBS hat einen Grossteil seiner Karriere bei Morgan Stanley verbracht. Die amerikanische Grossbank hat es bereits zweimal geschafft, für CEO-Wechsel interne Kandidaten erfolgreich aufzubauen.
Die Idee hinter der «Morgan-Stanley-Methode»: Führungskräfte müssen ausserhalb ihrer angestammten Komfortzone beweisen, dass sie reüssieren können. Dann zeigt sich, ob sie eine globale Organisation führen können und gleichzeitig ihre Spitzenbanker im Griff haben – mitunter eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Chefposten einer globalen Grossbank.
Bezogen auf die UBS bedeutet dies, dass der gelernte Investmentbanker Rob Karofsky jetzt eine Führungsposition in der Vermögensverwaltung hat. Iqbal Khan dagegen, der den grössten Teil seiner Karriere in der Schweiz verbracht hat und erfahren in der Vermögensverwaltung ist, hat nun zum ersten Mal einen Posten im Ausland.
USA sind ein schwieriges TerrainFür Rob Karofsky ist die Aufgabe nicht leicht. Zwar sind die USA der grösste Markt für die UBS. Sie verwaltet dort 2189 Milliarden Dollar Vermögen. In Asien sind es gerade einmal 746 Milliarden Dollar. Trotzdem kämpft sie in den Vereinigten Staaten seit Jahren mit einer tiefen Rentabilität: Pro Kundenberater verwaltet die Grossbank per Ende Juni 2025 in den USA durchschnittlich rund 379 Millionen Dollar. In Asien sind es mit knapp 800 Millionen deutlich mehr.
Einen der wichtigsten Gründe dafür hat sich die UBS selbst ins Haus geholt. Als sie 2000 das amerikanische Brokerhaus Paine Webber kaufte, übernahm sie auch das Broker-Modell. Anders als in Europa liegt hier die Kundenbeziehung viel stärker bei den Beratern als bei der Bank.
Wechseln diese den Arbeitgeber, folgen ihnen die Kunden mitsamt ihrem Geld oft an den neuen Ort. Das verleiht den sogenannten Financial Advisors eine grosse Macht. Um die besten Kundenberater abzuwerben, hat die UBS ihnen in der Vergangenheit oft für mehrere Jahre einen fixierten Bonus ausbezahlt – egal, ob sie ihre Leistung gebracht haben oder nicht.
Asien als Selbstläufer für die UBSBei seinem Umzug nach Hongkong im vergangenen Herbst hat Iqbal Khan dagegen eine deutlich komfortablere Ausgangslage vorgefunden. Die UBS ist in Asien der grösste Vermögensverwalter. Zusätzlich hat sie dort vom Ende der CS profitiert. Mit der Übernahme hat sie ihre grösste Rivalin in der Region geschluckt.
Für die UBS sei Asien quasi ein Selbstläufer, sagt ein hochrangiger Banker, der die USA und Asien gut kennt. Superreiche Kunden kämen an der Grossbank nicht vorbei – egal ob in der Vermögensverwaltung oder der Investmentbank. In den Vereinigten Staaten sei es dagegen schwieriger. Hier trete die UBS gegen die übermächtigen US-Banken an, sagt er.
Um sich im Rennen um die Nachfolge von Sergio Ermotti zu halten, muss Rob Karofsky in den USA liefern. Die Grossbank hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. So soll die Marge auf dem Vorsteuergewinn von 9 Prozent im Jahr 2024 bis 2027 auf rund 15 Prozent steigen. Dazu will die UBS ihr Geschäft deutlich verbreitern und hat dafür etwa eine Banklizenz beantragt.
Zusätzlich hat Karofsky die Boni von weniger produktiven Kundenberatern gekürzt. Veränderungen der sogenannten Grid-Compensation, nach der die variable Vergütung berechnet wird, sind laut Branchenkennern jedoch heikel. Ändert sich diese zu sehr, könnten unzufriedene Kundenberater die UBS mitsamt dem Vermögen ihrer Kunden verlassen. Gemäss dem Branchenportal «Advisor Hub» gehört die UBS in diesem Jahr bei der Rekrutierung denn auch zu den Verlierern in den USA. Ob das an der Vergütung liegt, ist unklar. Die UBS kommentiert auf Anfrage der «NZZ am Sonntag» die Entwicklung in den USA und in Asien nicht.
Iqbal Khan wird die Credit Suisse nicht losFür Rob Karofsky wird es schwierig, im Amerika-Geschäft der Grossbank die Wende zu schaffen – obwohl er das nötige Know-how mitbringt und bei der Investmentbank der UBS einen guten Job gemacht hat. Wegbegleiter beschreiben ihn als loyal mit viel Durchsetzungskraft. Ein Banker, der solide Ergebnisse liefert und Konflikte lieber intern löst als öffentlich austrägt.
Doch Karofsky, wegen seiner früheren Erfolge als Aktienhändler auch «Killer Karofsky» genannt, gilt eher als introvertiert und nicht als Stratege, der die Mitarbeiter mitreissen kann.
Wichtig in der Vermögensverwaltung ist aber nicht zuletzt die Fähigkeit, persönliche Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen. Schliesslich geht es darum, die Superreichen möglichst lange an die Bank zu binden. Eine Fähigkeit, die ehemalige UBS-Mitarbeiter eher Iqbal Khan als Rob Karofsky attestieren.
Khan gilt als gewinnend. Er könne sich auf ganz unterschiedliche Gesprächspartner einlassen und erinnere sich an Namen und persönliche Details aus früheren Gesprächen, erzählen Wegbegleiter, die mit ihm zu tun hatten. Das bringt ihm intern aber auch Gegner ein. An ihm perle alles ab, ist zu hören.
Verwiesen wird auf seine Zeit bei der Credit Suisse. Zwar hat er diese als eine der wenigen Führungskräfte unbeschadet verlassen. Er habe jedoch die Produkte der Bank zu aggressiv verkauft, kritisieren ehemalige Wegbegleiter und Konkurrenten. Khan habe zu sehr das Wohl der Bank und nicht das der Kunden im Visier, sagen sie.
Kritisiert wird er auch für das Debakel mit den Dollar-Derivaten. Mit diesen haben Kunden der Schweizer Vermögensverwaltung der Grossbank in den vergangenen Monaten teilweise sehr hohe Verluste erlitten. Wie aus banknahen Kreisen zu hören ist, liegt die Verantwortung dafür jedoch nicht bei Khan alleine, sondern auch bei der Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse.
Eine «Bromance» zwischen Khan und KarofskyWährend es derzeit danach ausschaut, dass Rob Karofsky vor allem der schwierige Neustart in den USA gefährlich werden könnte, muss Iqbal Khan trotz seiner CS-Vergangenheit überzeugen. Denn gemessen an den Zahlen läuft es für Khan in Asien deutlich besser als für Karofsky in den USA. Branchenkenner schätzen, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis sich die Rentabilität des Amerika-Geschäfts sichtbar verbessert. Gelingt Karofsky die Wende, wäre das der grösste Erfolg seiner Karriere.
Doch für den Spitzenjob bei der UBS ist es womöglich zu spät. Allzu lange wird Sergio Ermotti seinen CEO-Job nicht mehr machen. Bleiben will er bis mindestens Ende 2026, wie der UBS-Chef immer wieder betont.
Nach welchen Kriterien der UBS-Verwaltungsrat seinen Nachfolger kürt, ist unklar. Gute Zahlen alleine sind möglicherweise nicht ausschlaggebend. Der Job als CEO der letzten Schweizer Grossbank erfordert auch politische Sensibilität, wie die Diskussion um die künftige Kapitalisierung der UBS zeigt.
Fix ist zudem nicht, dass es ein Zweierrennen um die CEO-Nachfolge wird. Es werden noch andere Mitglieder der UBS-Konzernleitung als Kandidaten für den Top-Job genannt: unter anderem Aleksandar Ivanovic, Chef des Asset Management der Bank, Beatriz Martin Jimenez, die Leiterin der Abwrack-Einheit Non Core und Legacy, sowie die Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse.
Möglich wäre aber auch, dass sich der Verwaltungsrat für eine externe Lösung entscheidet. Bei seinem ersten Abgang als UBS-CEO 2020 hatte Sergio Ermotti allerdings bedauert, dass keine interne Lösung gefunden wurde. Stattdessen entschied sich die Grossbank damals für den Digitalbanker Ralph Hamers.
Auf die Doppelspitze bei der UBS-Vermögensverwaltung haben die Nachfolgediskussionen dem Vernehmen nach bis jetzt keine Auswirkungen. Zwischen Khan und Karofsky stimme die Chemie, ist zu hören. Regelmässig treten sie gemeinsam auf und halten Townhall-Meetings für ihre Mitarbeiter ab, zuletzt in New York.
Klar ist: Allzu viel Zeit bleibt potenziellen Nachfolgern nicht mehr, um sich in Stellung zu bringen. Im kommenden Jahr dürfte die Diskussion um die Nachfolge von Sergio Ermotti richtig Fahrt aufnehmen.
Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»
nzz.ch