Heizungsbranche sieht Klimaziele und Jobs in Gefahr

Die Potenziale sind enorm. In Deutschland sind rund 10 Millionen Heizungen veraltet. Mehr als vier Millionen Anlagen stehen schon 30 Jahre oder länger in den hiesigen Kellern. Doch das Interesse der Hausbesitzer an modernen Wärmeerzeugern nimmt nicht zu, sondern ab.
Die zuständigen Branchenverbände schlagen nun Alarm: „Seit fast zwei Jahren schrumpft der Absatz von Heizungen in Deutschland. 2025 wird der Absatz voraussichtlich so niedrig sein wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr“, sagt Jan Brockmann, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). In der „Schlüsselbranche“ mit rund 84.000 Beschäftigten seien Jobs in großer Zahl gefährdet. Und: „Die Klimaziele im Gebäudesektor lassen sich bei einem ‚Weiter so‘ nicht erreichen.“
Rückblick: Viele Jahre dümpelte das Geschäft mit den Wärmeerzeugern vor sich hin. In Schwung kam die Branche nach 2020 - mit Corona und günstigeren staatlichen Förderungen. Das verstärkte sich noch massiv nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sowie der darauffolgenden Energiekrise – mit Gaspreisen, die durch die Decke gingen.
Vor allem Wärmepumpen erlebten einen Boom, weil sich Verbraucher mit den strombasierten Aggregaten seinerzeit von fossilen Energiequellen unabhängig machen konnten. Mit der hitzigen Diskussion über das von der Ampel-Koalition vorgelegte Gebäudeenergiegesetz (GEG) – auch Heizungsgesetz genannt – drehte sich der Wind jedoch. Plötzlich ging die Nachfrage nach Gasheizungen in erstaunliche Höhen. Mit einem Gesamtergebnis von 1,3 Millionen verkauften Geräten über alle Technologien hinweg wurde im Jahr 2023 ein Allzeithoch erreicht.
Seither geht es bergab, und zwar steil. 2024 brach der Absatz um fast die Hälfte ein. In diesem Jahr wurden bis einschließlich August gerade noch 390.000 neue Heizungen verkauft, nur noch knapp 600.000 dürften es im gesamten Jahr werden.
Brockmann macht die Bundesregierung für die Misere verantwortlich: „Unsicherheit durch das Gebäudeenergiegesetz, widersprüchliche Aussagen zur Förderung und überzogene Erwartungen an die kommunale Wärmeplanung hemmen die Investitionsbereitschaft der Verbraucher.“ Das Vertrauen in Planungssicherheit und politische Verlässlichkeit sei angeschlagen.
Schwarz-Rot hat im Koalitionsvertrag zwar festgeschrieben, dass das Heizungsgesetz abgeschafft werden soll. Zugleich ist in dem Papier aber ein Bekenntnis zur Fortführung der staatlichen Förderung verankert, die derzeit Zuschüsse für eine neue Wärmepumpe von bis zu 70 Prozent der Kosten ermöglicht. Hinzu kommen Wortmeldungen insbesondere aus den Reihen der Union. So sagte etwa Ina Scharrenbach (CDU), Bauministerin in NRW, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Das Kleinregieren in den Keller muss aufhören.“
Laut Branchenkennern spricht allerdings auch einiges dafür, dass mit dem Nachfrageschub zwischen 2020 und 2023 der akute Bedarf abgeschöpft wurde: Wo es wirklich ganz dringend war, wurde die neue Heizung installiert.
Gleichwohl gibt es noch immer eine große Zahl potenzieller Kunden, die aber offenbar erst mal abwarten. Zumal es sich trotz Förderung um beträchtliche Investitionen handelt. Besonders groß soll die Skepsis bei Besitzern älterer Wohnhäuser mit kleinem Geldbeutel sein. Als weitere Hürde werden immer wieder die komplizierten Prozeduren bei der Antragstellung genannt.
Dem gegenüber steht eine Branche, die vom einstigen Boom beflügelt und von der Politik ermutigt, ihre Produktionskapazitäten hochgefahren und zehntausende Fachkräfte geschult hat, um einen „Modernisierungshochlauf“ zu stemmen. Der fällt nun aus. Längst gehe es nicht mehr nur um Klimaschutz, sondern auch um regionale Wertschöpfung und Innovationskraft, so Michael Hilpert, Präsident des Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK).
Der BDH und ZVSHK haben gerade dem Wirtschaftsministerium ein Forderungspapier zukommen lassen. Kernpunkt: Klarheit schaffen. Die Reform des GEG müsse zügig konkretisiert, die Förderung verstetigt, unbürokratisch umgesetzt und der Modernisierungstakt deutlich erhöht werden.
Dafür sei es auch nötig, Energiepreise zu stabilisieren. Was vor allem für den Strom gilt. Denn um die nach wie vor geltenden Klimaziele zu erreichen, müssen jedes Jahr weit mehr als eine Million Heizsysteme modernisiert werden – im Wärmesektor ist Deutschland weit von der nötigen Senkung der CO2-Emissionen entfernt. Deshalb spielen Wärmepumpen insbesondere für Eigenheime die maßgebliche Rolle: Sie sind vielfach die einzige ökonomisch sinnvolle Variante, um klimafreundlich wohlige Wärme zu erzeugen.
Noch aus der Ampelzeit stammt die Vorgabe, dass jährlich mindestens 500.000 neue Geräte installiert werden müssten, die das Heizen mittels elektrischer Energie und Umgebungswärme ermöglichen. Laut BDH ist in den ersten sechs Monaten von 2025 zwar die Zahl der verkauften Wärmepumpen im Vergleich zum Vorjahr um 55 Prozent geklettert. Das entspricht aber nur knapp 140.000 Aggregaten. Was auf 12 Monate hochgerechnet bedeuten würde, dass die halbe Million in sehr weiter Ferne bleibt.
rnd