Deutschlands Finanzminister Lars Klingbeil beruft Jens Südekum zum Berater


Stefan Boness/Ipon / Imago
Was Lars Feld für den ehemaligen deutschen Finanzminister Christian Lindner war, wird Jens Südekum für Lars Klingbeil: Lindners sozialdemokratischer Nachfolger hat den in Düsseldorf lehrenden Ökonomen zu seinem «persönlichen Beauftragten für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung» berufen. Dies teilte das Finanzministerium am Freitag mit.
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Südekum werde «ehrenamtlich und unabhängig arbeiten», hielt das Ministerium fest. Er sei dem Bundesfinanzminister direkt zugeordnet und werde kein Mitarbeiter des Ministeriums sein.
Die Berufung solcher Berater ist stets auch ein inhaltliches Statement. Hatte der damalige FDP-Chef Lindner seinerzeit den «ordnungspolitischen Kompass» von Feld betont, verwies Klingbeil nun auf Südekums Rolle bei der Vorbereitung des Finanzpakets der neuen Regierung.
Klingbeil betonte, er werde aus dem Bundesfinanzministerium ein Investitionsministerium machen. Es freue ihn sehr, dafür Südekum als Berater gewonnen zu haben. Dieser sei einer der führenden Ökonomen des Landes. Er verbinde höchste ökonomische Expertise mit praktischer Politik. «Als einer der Architekten des 500-Milliarden-Sondervermögens hat Jens Südekum den Weg für massive Investitionen, verbunden mit den notwendigen Strukturreformen, aufgezeigt.»
SPD und Union haben noch vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit Unterstützung der Grünen neben einer Öffnung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben ein «Sondervermögen Infrastruktur» beschlossen. Gemeint ist, dass innert 12 Jahren neue Schulden im Umfang von bis zu 500 Milliarden Euro aufgenommen werden können, um ausserhalb des regulären Haushalts und der Schuldenbremse Investitionen in die Infrastruktur und den Klimaschutz zu finanzieren. Anregungen dazu hatte das SPD-Mitglied Südekum gemeinsam mit Clemens Fuest (Ifo München), Michael Hüther (IW Köln) und Moritz Schularick (IfW Kiel) formuliert.
Für Reform der SchuldenbremseAnfang Februar hatte Südekum in einem «Ökonomenstreitgespräch» der NZZ mit Blick auf die Bundestagswahl für eine Reform der Schuldenbremse geworben, die dem Staat enge Grenzen für die Neuverschuldung setzt. Die höheren Verteidigungsausgaben und die nötige Aufstockung der öffentlichen Infrastrukturinvestitionen seien im Rahmen der bestehenden Schuldenbremse nicht realisierbar. Deshalb brauche man eine Reform. «Das weiss auch die CDU, sie redet nur nicht darüber. Das wird sich ändern, wenn nach der Wahl in den Koalitionsgesprächen das Rendez-vous mit der Realität einsetzt», sagte er damals.
In der Tat hat Schwarz-Rot seither nicht nur das Finanzpaket zur Umgehung der Schuldenbremse beschlossen, sondern auch eine Arbeitsgruppe in Aussicht gestellt, die Reformen der Bremse vorbereiten soll. Der Weg über Sondervermögen sei nicht seine Lieblingsoption, fügte Südekum im NZZ-Gespräch an. Aber eine wirkliche Reform der Schuldenbremse sei kompliziert und zeitaufwendig. Ein möglicher Kompromiss wäre, es bei einer kleinen Reform zu belassen und über ein neues Sondervermögen mehr Mittel für Investitionen bereitzustellen.
Südekum wurde 1975 geboren und arbeitet seit 2014 als Professor für International Economics an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 2020 ist er Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Zudem war er als Berater für diverse internationale Institutionen tätig. Er wolle auch weiter seinen Beitrag leisten, «damit die Investitionen und Strukturreformen schnell spürbare Verbesserungen für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger bringen», erklärte der Ökonom am Freitag.
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