Historische Demütigung von Iga Swiatek: Kampfansage an die Konkurrenz | Wimbledon

Iga Swiatek hat es geschafft und zum ersten Mal in ihrer Karriere Wimbledon gewonnen. Die Polin ist nun die einzige Spielerin der Profitennis-Geschichte neben Margaret Court und Monica Seles, die ihre ersten sechs Grand-Slam-Finals für sich entscheiden konnte. Ein Meilenstein für die 24-Jährige.
„Es gibt kein vergleichbares Turnier. Ich war deshalb immer ängstlich hier“, sagte sie nach ihrer Machtdemonstation. „Auf dem Centre Court zu sein, fühlte sich wie großer Druck an und war mir etwas zu viel. Erst dieses Jahr habe ich gelernt, mich hier wohl zu fühlen.“
Der Triumph in Wimbledon ist ein Erfolg, den vor Wochen kaum einer für möglich gehalten hatte – trotz Swiateks ordentlichem Abschneiden in Bad Homburg, als sie sich erst im Finale der US-Amerikanerin Jessica Pegula geschlagen geben musste. Und auch nicht, weil Swiatek etwa den Status als Top-Spielerin eingebüßt hätte.
Es war die monatelange Titellosigkeit der Polin, die einen Sieg beim Londoner Rasen-Klassiker nun so überraschend erscheinen lässt. Seit dem Gewinn der French Open 2024 – auf ihrem liebsten Belag Sand wohlgemerkt – hatte Swiatek keinen Titel mehr gewinnen können. In diesem Jahr erreichte sie in Paris erstmals seit 2021 „nur” das Halbfinale.

Glückliche Siegerin: Iga Swiatek.
Quelle: IMAGO/Shutterstock
„Eine fantastische Leistung von A bis Z”, schwärmte Ex-Spielerin Andrea Petkovic nach dem Match am Samstag bei „Prime Video”. „Sie hat es Amanda Anisimova kein einziges Mal erlaubt, ins Match zurückzufinden. Das hat sie sich hart erarbeitet, das war ein schwieriges Jahr für sie. Viele hatten sie schon abgeschrieben, als diejenige, die panisch wird, wenn es an die Halbfinals und Finals geht. Diesen Kritikern hat sie heute den Mund verschlossen.“
Die Bilanz Swiateks auf dem heiligen Rasen von London war in den vergangenen Jahren unterdurchschnittlich. Zweimal scheiterte sie in den letzten drei Jahren bereits in der dritten Runde. So richtig warm wurde sie nicht mit dem grünen, schnellen Belag.
Anders in diesem Jahr: Nach anfänglicher Eingewöhnungszeit fegte die Polin mit voller Überzeugung über den Platz, ließ ihren Gegnerinnen kaum eine Chance. Einen einzigen Satz gab Swiatek während des kompletten Turniers ab, in der zweiten Runde gegen die US-Amerikanerin Caty McNally.
„Ich hätte nie gedacht, dass sie Wimbledon gewinnt. Die French Open vielleicht wieder, weil sie sich da wohlfühlt, aber Wimbledon war schon immer ein Belag, wo sie verbal gesagt hat, da fühle ich mich nicht so wohl“, zollte auch Ex-Profi Barbara Schett bei Prime ihren Respekt. „Was sie hier in diesen zwei Wochen gezeigt hat, Hut ab.“
Während des Turniers passte fast alles bei der nun sechsmaligen Grand-Slam-Siegerin. Das Endspiel am Samstag war eine Blaupause des Turnierverlaufs. Nicht einen Break-Ball musste die 24-Jährige gegen die bemitleidenswerte Amanda Anisimova abgeben. Mit ein Grund für die Dominanz der Polin auf dem Platz: ihr starker Aufschlag.
78 Prozent des Ersten landeten im Feld – eine herausragende Quote. Auch die Anzahl der unerzwungenen Fehler reduzierte sie auf ein Minimum, im Endspiel unterliefen ihr lediglich elf. Zum Vergleich: Anisimova produzierte 28.
Dass die ausgezeichnete Return-Spielerin neben ihrem starken Aufschlag auch die auf Rasen oft vogelwilde Vorhand unter Kontrolle bekam, lag auch an ihrem neuen Trainer. Seit Herbst 2024 ist Wim Fisette an ihrer Seite, der in Deutschland kein Unbekannter ist. 2018 gewann Angelique Kerber Wimbledon – mit Fisette als Coach an ihrer Seite.

Angelique Kerber im Mai 2023 mit ihrem damaligen Trainer Wim Fissette.
Quelle: Getty Images
„Sie ist sehr schnell, verteidigt extrem gut, ist sehr solide. Und sie gibt dem Ball viel Spin, was es ihren Gegnerinnen schwer macht“, analysierte der Belgier Fisette im vergangenen Oktober die Spielweise Swiateks im Gespräch mit der belgischen Nachrichtenagentur „Belga“. Mit Swiatek arbeitet er explizit an ihrem Aufschlag, was sich nun auszahlte.
Auch Swiatek zeigte sich schon damals angetan von ihrem neuen Trainer. „Er scheint eine tolle Einstellung, Vision und große Erfahrung auf höchstem Tennisniveau zu haben“, schrieb sie auf Instagram. Nun trägt die Zusammenarbeit Früchte. Die Titellosigkeit ist passé.
Und fest steht auch: Die Gegnerinnen der Polin müssen sich künftig mehr denn je in Acht nehmen. Denn einer Swiatek, die sogar Wimbledon gewinnt, ist noch mehr zuzutrauen.
rnd