Currywurst-Grenze bis Tortilla-Streit: Diese kulinarischen Grenzen gibt es in Europa

Essen verbindet – aber manchmal trennt es auch. Innerhalb von Ländern und Regionen gibt es unsichtbare kulinarische Grenzen, die sich in speziellen Vorlieben und Speisen manifestieren. Sie zeigen, wie stark Essen mit Kultur, Geschichte und Tradition verwoben sind.
Wer reist, um über den Tellerrand hinauszublicken, kann unter anderem in Deutschland, Italien oder Spanien spannende Unterschiede ausmachen. Für Foodies ein wahrer Genuss – oder im Gegenteil eine völlige kulinarische Verirrung.
Der sogenannte Weißwurst-Äquator verläuft ungefähr entlang des Mains und trennt den Norden Deutschlands kulinarisch vom Süden. Während in Bayern die Weißwurst mit süßem Senf und Brezen ein kulinarisches Heiligtum ist, bleibt sie in den nördlicheren Bundesländern eher eine Randerscheinung. Das führt direkt zur nächsten kulinarischen Grenze innerhalb der Bundesrepublik.

Bayerische Weißwurst mit Senf zählt zu den ikonischen Gerichten, die man eher im Süden Deutschlands verortet.
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Über die Currywurst lässt sich streiten – sowohl was ihre Zubereitung als auch was ihre Herkunft anbelangt. Manche sind sich immer noch sicher, dass das deutsche Kulturgut aus Berlin stammt, andere behaupten, es sei ganz klar aus dem Ruhrgebiet.
In Duisburg soll die Currywurst bereits 1936, also bereits 13 Jahre vor der Herta Heuwers Wurst in Berlin, das Licht der Welt erblickt haben, zumindest steht das im Buch „Alles Currywurst – oder was? Die ganze Wahrheit über das Kultobjekt“ von Gregor Lauenburger und Tim Koch aus dem Jahr 2024.

Die Currywurst gehört zu den bekanntesten deutschen Imbissgerichten.
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Fest steht: Die Liebe zu dieser Spezialität ist im Nordwesten groß, während die Begeisterung im Südosten eher gedämpft scheint, denn dort dominiert eher die klassische Bratwurst oder die Weißwurst. Da darf es niemanden wundern, wenn er oder sie in Erfurt eine in Scheibchen geschnittene Bratwurst mit Currysauce vorgesetzt bekommt. Das würde beispielsweise in Hannover nicht passieren, dort besteht die Currywurst aus einer Brühwurst aus Schweinefleisch, so wie das Original!
Der Röstigraben (auf Französisch: „barrière de rösti“) ist eine Metapher für die sprachliche und politische Trennung zwischen der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Diese soziokulturelle Grenze, die bereits im Ersten Weltkrieg thematisiert wurde, verläuft geografisch entlang der Saane im Kanton Freiburg, so das „Historische Lexikon der Schweiz“.
Die Bezeichnung beruht auf kulinarischen Stereotypen: Während in der Deutschschweiz Rösti als traditionelles Gericht gilt, dominieren in der Romandie französisch inspirierte Speisen wie Fondue oder Ratatouille. 2014 schlug das Museum Vindonissa vor, den Röstigraben als immaterielles Unesco-Kulturerbe anzuerkennen, was jedoch nicht umgesetzt wurde, wie das Onlineportal „Swiss Info“ damals berichtete. Die Metapher ist jedoch weiterhin gebräuchlich – anders als der wenig etablierte Begriff „Polentagraben“ für die Grenze zur italienischsprachigen Schweiz.

Rösti mit Pilzsauce zählen zu den Spezialitäten in der Schweiz.
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Polenta bleibt aber Thema. In Italien verläuft eine kulinarische Grenze zwischen dem Norden und dem Süden des Landes. Während im Norden, insbesondere in der Lombardei und im Piemont, Polenta ein Grundnahrungsmittel ist, regiert in Mittel- und Süditalien eher die Pasta. Diese Trennung geht auf die traditionellen landwirtschaftlichen Gegebenheiten zurück: Der Norden setzte auf Maisanbau, während der Süden hauptsächlich Weizen kultivierte.

Polenta mit Kartoffeln und Pilzen ist ein traditionelles Gericht aus der Provinz Cuneo in der norditalienischen Region Piemont.
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Spanien ist bekannt für seine Tortilla de Patatas. Doch es gibt eine entscheidende Frage beim spanischen Kartoffelomelett, die unter Einheimischen sogar als „de cuñados“ (Schwiegereltern-Debatte) gilt: mit oder ohne Zwiebeln?
Dieser Kontroverse ist die spanische Zeitung „El Mundo“ 2021 bei einer Umfrage nachgegangen. Demnach bevorzugten rund 73 Prozent der Befragten die süßlichere Version mit Zwiebeln. Das Original soll laut dem Bericht allerdings ohne Zwiebeln entstanden sein, und ob die Umfrage tatsächlich repräsentativ war, ist unklar.
Gleich zwei Gebiete nehmen in Anspruch, der Geburtsort des Gerichts zu sein: Villanueva de la Serena in der westspanischen Region Extremadura und die nordspanische Region Navarra. Es gibt sogar einen Welt-Tortilla-Tag, der wird am 9. März gefeiert. Wer dann ein Omelett vorgesetzt bekommt, sollte sich den regionalen Gepflogenheiten anpassen. Denn auch seine Konsistenz unterscheidet sich von Region zu Region.
Im Süden wird die Tortilla eher durchgebraten serviert, während sie in den anderen Landesteilen eher weich bleibt und dann auch häufig keine Zwiebeln beinhaltet.

Tortilla de Patata zählt zu den spanischen Nationalgerichten. Manche mögen sie lieber weich (im Bild), andere eher gut durch.
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Hier ist die Tortilla de Patata gut durch. Ob sie mit oder ohne Zwiebeln zubereitet werden soll, zählt zu den Debatten, in die Reisende lieber nicht mit einsteigen sollten.
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Wer in Spanien Lust auf Snacks oder eine kleine Vorspeise hat, bestellt sogenannte Tapas. Traditionell waren das einfache Häppchen wie Oliven, Käse oder Schinken auf einer Brotscheibe, die ein Glas abdeckte, um Insekten fernzuhalten (daher der Name „tapar“ = „bedecken“).
Heute gibt es die Snacks in unzähligen Varianten – warm oder kalt, einfach oder raffiniert. Unter den typischen Häppchen, die meist in Bars und Restaurants zu Getränken serviert werden, gehört – neben Patatas Bravas (frittierte Kartoffeln mit würziger Soße), Albóndigas (Fleischbällchen in Tomatensoße), Gambas al Ajillo (Garnelen in Knoblauchöl) oder Pulpo (Tintenfisch) – auch die Tortilla. Wer von Bar zu Bar zieht und überall ein paar Tapas snackt, nimmt an einer Tradition namens „Tapeo“ teil.
Doch Tapas sind nicht gleich Tapas. Auch hier gibt es Unterschiede zwischen Nord und Süd. Im Baskenland heißen die Snacks nämlich Pintxos oder Pinchos. Das ist dem Umstand zu verdanken, dass sie traditionell mit einem kleinen Spieß (Pincho) durchbohrt werden. Das ist natürlich nicht bei jedem Pincho der Fall, sondern nur, wenn mehrere Zutaten zusammengehalten werden müssen. Bei der Bestellung sollte man dennoch darauf achten, Pinchos zu bestellen.
Jährlich im November findet übrigens in der Stadt Valladolid der „Nationale Pinchos- und Tapas-Wettbewerb“ sowie die Tapas-Weltmeisterschaft statt. 2024 wurde Spanien Weltmeister. Zum Sieg führte die „Pucela Roll“ von Teo Rodríguez vom Restaurant Trasto in Valladolid, der auch den nationalen Wettbewerb 2023 gewonnen hatte. Das Pincho war eine Blätterteigspirale, gefüllt mit Milchlammeintopf mit Kare Raisu, Demi-Glace und Pistazien.
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