Kommunalwahlen NRW 2025 | Grüne Hoffnungsschimmer
Die letzten Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen fanden im September 2020 unter Bedingungen der Corona-Pandemie statt. Die relativ frische Pandemie war damals allerdings noch nicht so aufgeladen. Das politische Thema, das die Kommunalwahlen bestimmte, war der Klimaschutz. Die Grünen hatten damals einen Lauf. Im Land machte sich die Oppositionspartei als Verteidigerin des Hambacher Forsts einen Namen, im Bund strahlten Annalena Baerbock und Robert Habeck einen grünen Aufbruchsgeist aus. Die Gesellschaft modernisieren, die Wirtschaft klimaneutral umbauen, dass war der Grüne-Plan der zu allen von der Linken bis zur CDU passen sollte.
Mit Henriette Reker gab es 2015 die erste Vorbotin der neuen grünen Strategie. Die parteilose Kölner Sozialdezernentin wurde, maßgeblich von Grünen und CDU unterstützt, zur Oberbürgermeisterin gewählt. 2020 klappte auch die Wiederwahl, doch das Bündnis aus Grünen, der stärksten Kraft im Rat, der CDU und Volt, ist schnell darauf brüchig geworden. Reker arbeitete zuletzt mit unterschiedlichen Mehrheiten. Die Ergebnisse haben offenbar Luft nach oben. Nur noch 17 Prozent der Kölner*innen sind mit der Arbeit der Verwaltung zufrieden. 2017 waren es noch 46 Prozent. So die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage im Auftrag des »Kölner Stadtanzeigers«. Henriette Reker tritt am kommenden Sonntag nicht wieder an. Viel Freude scheint ihr das Amt zuletzt nicht mehr gemacht zu haben. »Die Kandidaten machen sich etwas vor, wenn sie denken, dass sie aus dem Amt heraus die Stadt nach ihren Vorstellungen prägen können«, gibt sie in der »FAZ« eine Botschaft an ihre potenziellen Nachfolger*innen mit.
»Die Kraft der negativen Energien im politischen Betrieb hat mich überrascht. Ich hätte sie in dieser Intensität nicht erwartet«, sagt Uwe Schneidewind über seinen Ausflug in die Kommunalpolitik. Der Transformationsforscher wurde 2020 Oberbürgermeister von Wuppertal. Schneidewind ist Mitglied der Grünen, sie und die CDU unterstützten seine Kandidatur. Das schwarz-grüne Bündnis hielt allerdings nicht lange. Schneidewind wurde schnell als abgehobener Professor abgestempelt, der von der Verwaltungspraxis nicht viel verstehe. »Es wird das Schlimmste auf den politischen Gegner projiziert, statt sich gemeinsam zu fragen, wo wir als Stadt und Gesellschaft insgesamt hinwollen«, bilanziert Schneidewind in der katholischen Gemeindezeitung von Wuppertal-Elberfeld. Auch er tritt nicht wieder an, hofft aber, dass mehr als 80 von ihm eingeführte autofreie Meter am Laurentiusplatz in Wuppertals Ausgehmeile erhalten bleiben.
»Die Kraft der negativen Energien im politischen Betrieb hat mich überrascht. Ich hätte sie in dieser Intensität nicht erwartet.«
Uwe Schneidewind Oberbürgermeister Wuppertal
In Bonn ist die Verkehrswende das beherrschende Thema. Die Grüne Katja Dörner regiert hier in einer Koalition mit SPD, Linken und Volt und konnte damit mehr erreichen. Bei einer Podiumsdiskussion des ADFC vor wenigen Tagen verweist Dörner auf ihre Erfolge. Laut einer Studie zur Mobilität in Deutschland ist der Radanteil am Bonner Verkehr um 6 Prozentpunkte gestiegen, während der Autoverkehr um 11 Prozentpunkte sank. »In keiner anderen Stadt von unserer Größe ist der Radverkehr so sehr gestiegen, deswegen fühle ich mich ermutigt, diese Politik der letzten Jahre weiterzumachen«, kündigt Dörner einen klaren Kurs in der Verkehrspolitik an.
Aktuell größter Zankapfel ist die Adenauerallee, eine der Haupteinfallsstraßen in die Innenstadt. In einem Verkehrsversuch gibt es dort nun je eine Spur für Autos und Fahrräder pro Richtung und nicht zwei Autospuren. Anlieger klagen gegen das Projekt. Ein Bündnis mit dem Namen »Vorfahrt Vernunft« agitiert gegen alle ambitionierten Verkehrswendeprojekte. Auch bei der CDU steht eine autofreundliche Verkehrspolitik ganz oben im Wahlkampfprogramm. Die Grünen und Katja Dörner lassen sich davon aber nicht irritieren. Möglicherweise mit Erfolg. Laut einer Umfrage des »Bonner Generalanzeiger« wollen bei der Kommunalwahl 26 Prozent ihr Kreuz bei den Grünen machen. Die CDU käme nur auf Platz zwei.
Chancen auf das Amt der Oberbürgermeisterin rechnet sich auch Berivan Aymaz in Köln aus. Die Grüne Landtagsabgeordnete würde gerne Henriette Reker folgen. Im Wahlkampf präsentiert sich Aymaz als Verteidigerin der vielfältigen Gesellschaft. Köln als Metropole der Toleranz zu erhalten, gehöre zu ihren zentralen Versprechen. Laut Umfrage des »Kölner Stadtanzeigers« reicht das im Rennen um das Oberbürgermeisteramt zum Erreichen der Stichwahl. Aymaz kam dort auf 13 Prozent, ihr sozialdemokratischer Herausforderer auf 15 Prozent, der CDU-Kandidat auf 11 Prozent.
Die guten Aussichten in den Metropolen am Rhein dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Grünen im ganzen Land verloren haben. Im Ruhrgebiet redet derzeit niemand über Oberbürgermeister*innen mit grünem Parteibuch. In so manchem Rat könnte die Partei auf den vierten Platz hinter CDU, SPD und AfD fallen. Von der Volkspartei für Klimaschutz kann dort keine Rede mehr sein.
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