Donald Trump irritiert seine Anhänger: Wie der Iran-Krieg die Maga-Bewegung spaltet

Viele haben höchstens ein verächtliches Lächeln dafür übrig, wenn Donald Trump wieder mal seinen Anspruch auf den Friedensnobelpreis anmeldet. Das tut er seit 2019 regelmäßig, unter anderem, als im Februar Benjamin Netanjahu neben ihm im Oval Office saß. „Ich habe ihn verdient“, sagte Trump. „Aber sie würden ihn mir nie geben.“ Trump erwähnte nicht, dass der israelische Premierminister ihm soeben Angriffspläne gegen Iran präsentiert hatte. Das sickert nun erst durch, nachdem die ersten Raketen und Bomben eingeschlagen sind.
Noch droht der US-Präsident Iran erst damit, an der Seite Israels in den Krieg zu ziehen. Doch am Dienstag klang er so, als sei es bereits beschlossene Sache. „Wir haben jetzt komplette und totale Kontrolle über den Himmel Irans“, schrieb er auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social.

Donald Trump wollte eigentlich einen Atomdeal mit Iran. Jetzt scheint selbst der Eintritt der USA in Israels Krieg möglich zu sein, so wie es sich Netanjahu wohl wünscht. Wie kam es dazu? Über das Verhältnis zweier betagter Regierungschefs.
In Trumps Gefolgschaft, die ihn durchaus als ernsthaften Anwärter auf den Friedensnobelpreis sieht, bricht deswegen nun ein Streit aus. Ein Maga War, wie es in der amerikanischen Presse heißt, ein Krieg zwischen den verschiedenen Strömungen in der Make America Great Again-Bewegung, kurz Maga. Gehässig wird über eine Prinzipienfrage gestritten: Verrät Trump mit einem Schlag gegen Iran seine kriegsmüde Wählerschaft? Oder kann America First auch bedeuten, Teheran mit Bombenabwürfen an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern? Vielleicht sogar, das Regime zu stürzen?
Wortführer der Isolationisten, die sich gegen die Einmischung der USA aussprechen, ist Tucker Carlson. Der frühere Fox-Moderator stellte am Dienstag Ted Cruz bloß, einen jener Republikaner, die Trump zu einem harten Schlag auffordern. Carlson fragte den Senator aus Texas in einem Interview nach der Einwohnerschaft Irans. „Ich weiß es nicht“, räumte Cruz ein. „Sie kennen die Bevölkerungszahl des Landes nicht, das Sie auf den Kopf stellen wollen?“, fragte Carlson nach.
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Das Video des um Worte ringenden Senators machte sogleich die Runde, Carlson fasste darin das Hauptargument seines Lagers zusammen: „Sie wissen nichts über Iran“, warf er Cruz vor. Dort suche der militärisch-industrielle Komplex wieder ein blutiges Abenteuer, um sich zu bereichern, kritisiert Carlson. Der Erfolgsausweis solcher Manöver sei bescheiden, wie die Kriege im Irak und in Afghanistan zeigten. Mit einem neuen Engagement im Nahen Osten schwächten die USA ihre Verteidigungsfähigkeit gegen China.
Der frühere Fox-Moderator, der einst zu Trumps Lieblingskommentatoren gehörte und als Gast der Amtseinführung beiwohnte, geht dem Präsidenten mit seiner Kritik auf die Nerven. „Es soll bitte jemand dem albernen Tucker Carlson erklären, dass Iran keine Atomwaffen haben darf“, beschwerte sich Trump. „America first bedeutet viele großartige Dinge, darunter den Fakt, dass Iran keine Atomwaffen haben kann.“ Da widersprach sogar eine seiner engsten Verbündeten im Kongress, Marjorie Taylor Greene. Kriege im Ausland würden die Interessen Amerikas hintenan stellen, antwortete die Abgeordnete aus Georgia auf X. „Das ist nicht albern. Das ist das, wofür Millionen Amerikaner gestimmt haben. Das ist das, was wir für America First halten.”
Mit ebenso missionarischem Eifer spricht sich ein anderer Maga-Flügel dafür aus, dass Trump das iranische Regime gleich stürzen soll – das erklärte Ziel von Benjamin Netanjahu. In dieser Gruppe, bestehend aus vielen altgedienten Republikanern, tut sich die Influencerin Laura Loomer besonders hervor, die Trump eine quasi päpstliche Unfehlbarkeit zuspricht. „America First ist, was immer Präsident Trump sagt. Er hat diese Bewegung geschaffen“, schrieb Loomer.
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Beliebt ist bei ihresgleichen die Lesart, dass die Abschottung der US-Grenzen gegen Migranten und die Verteidigung Israels demselben Zweck dienen: der Verteidigung der jüdisch-christlichen westlichen Gesellschaften. Loomer forderte ihr Publikum auf, ihr alle Kritiker des Präsidenten zu melden, und unterstellte Tucker Carlson, sich von proiranischen Kräften kaufen zu lassen. Sie musste sich den Gegenvorwurf anhören, Geld von Israel zu erhalten.
Welche Gefahr das Zerwürfnis für Trump darstellt, lässt sich noch nicht abschätzen. Noch vor seinem Amtsantritt war der erste Streit ausgebrochen zwischen verschiedenen Lagern in seiner Bewegung, damals wegen der Visa für Fachkräfte. Das Thema ist längst wieder in den Hintergrund gerückt. Die Debatte über den Einsatz der amerikanischen Streitkräfte im Ausland reicht jedoch viel tiefer. Viele Amerikaner sind die Rolle des Weltpolizisten müde. Besonders nach dem demütigenden Abzug aus Afghanistan, wo die USA mehr als 2000 Milliarden Dollar an Steuergeldern ausgegeben hatten und mehr als 2000 US-Soldaten ihr Leben ließen.
Das Debakel half Trump, die alte Garde der Republikaner an den Rand zu drängen, die oftmals militärische Lösungen bevorzugt hatte. Er machte die Kriegsmüdigkeit der Amerikaner zu einem zentralen Wahlkampfthema. Zu den meistgenannten Argumenten seiner Anhänger gehört, dass in seiner ersten Amtszeit keine Kriege stattgefunden hätten. Das stimmt selbstverständlich nicht, es hinderte Trump aber nicht daran, bei seinen Reden ein Ende der „ewigen Kriegseinsätze“ zu versprechen und sich im selben Atemzug damit zu brüsten, den iranischen General Qassim Soleimani per Drohnenangriff ausgeschaltet zu haben.
Bisher zeigen Trump-Wähler bemerkenswerte Geduld mit dem Präsidenten. Obwohl er auch seine Ankündigung, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine innerhalb von 24 Stunden zu beenden, nicht eingelöst hat. Nun aber, da Trump prüft, gegen Iran zu schießen, rufen erste Anhänger danach, ihn des Amtes zu entheben. Bisher sind das nur vereinzelte Stimmen, darunter Dave Smith, ein Komiker und Influencer.
Wie ernst das Weiße Haus die Entwicklung nimmt, zeigt ein Vermittlungsversuch des Vizepräsidenten. Trump beweise „bemerkenswerte Zurückhaltung“ gegenüber Iran und habe sich damit „ein gewisses Vertrauen“ verdient, schrieb J. D. Vance auf X. Der Präsident werde „das amerikanische Militär nur benutzen, um die Ziele des amerikanischen Volks zu erreichen“.
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Ganz zu beruhigen vermochte der Vizepräsident den Maga War damit nicht. Aber die Reihen schienen sich tendenziell hinter Trump zu schließen, mit einem Kompromiss: Ja zu einem Angriff auf Iran, Nein zum Sturz des Mullah-Regimes. Charlie Kirk, in der Wahlkampagne für die Mobilisierung zuständig, mäßigte seine Kritik am Präsidenten. Eine übergroße Mehrheit der Amerikaner wolle nicht, dass Iran Atomwaffen habe, eine Mehrheit lehne es aber auch ab, die USA in einen Krieg zu verwickeln, schrieb er am Dienstag: „Nur ein Staatsmann höchsten Ranges kann eine solche Situation bewältigen. Trump ist gemacht für diesen Moment.“
Selbst Steve Bannon, der Chefideologe der Maga-Bewegung, schien am Dienstag langsam beizudrehen. Am Montag noch hatte er in einem Interview mit Tucker Carlson über den drohenden Untergang des amerikanischen Imperiums sinniert, falls Trump Iran angreife. Gemeinsam bezichtigen die beiden Carlsons früheren Arbeitgeber Fox News der Kriegstreiberei. Am Dienstag dann verlegte sich Bannon darauf, das Lob für den Präsidenten und seine „berechnende Zurückhaltung“ hervorzuheben. Trump werde die große Mehrheit seiner Maga-Bewegung hinter sich scharen, weil sie ihm vertraue.
Die Zeichen verdichteten sich am Mittwoch, dass Donald Trump zu einem militärischen Schlag bereit ist. Er habe seine Zustimmung bereits gegeben, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf anonyme Quellen aus dem Weißen Haus. Er warte aber noch ab, ob sich Teheran nicht doch zu einer Verhandlungslösung bereit erkläre. „Ich suche den Krieg nicht“, sagte Trump am Mittwochnachmittag im Oval Office. „Aber wenn es eine Wahl ist zwischen einem Krieg oder dem Besitz von Atomwaffen, muss man tun, was man tun muss.“ Seine Anhänger wollten nicht, dass Iran eine Atombombe entwickle. Tucker Carlson sei „ein netter Typ“, sagte Trump. „Er hat mich vor Kurzem angerufen und sich entschuldigt.“
süeddeutsche