Metformin: Blutzuckerkontrolle ist auch Kopfsache



Aus Versuchen mit Mäusen mit bestimmten genetischen Merkmalen stammt die Erkenntnis, dass Metformin auch über zentrale Mechanismen blutzuckersenkend wirkt. / © Adobe Stock/Veta (Symbolbild)
Der lange etablierte Wirkstoff Metformin, ist das Medikament der ersten Wahl zur Behandlung eines Typ-2-Diabetes bei übergewichtigen, nicht insulinpflichtigen Diabetikern. Trotz der langen Verfügbarkeit ist nach wie vor unklar, wie Metformin genau wirkt. Man geht davon aus, dass Metformin den Blutzuckerspiegel in erster Linie durch eine Verringerung der Glucoseproduktion in der Leber günstig beeinflusst. Dieser Effekt scheint durch die Aktivierung der Adenosinmonophosphat-(AMP-)aktivierten Proteinkinase (AMPK) vermittelt zu werden.
Dies ist aber wohl nicht der einzige Wirkmechanismus. Diskutiert werden zusätzlich eine Hemmung der mitochondrialen Atmungskettenkomplexe, eine Beeinflussung der cAMP-Signalübertragung sowie die Hemmung der mitochondrialen Glycerophosphatdehydrogenase und der Fructose-1,6-Bisphosphatase. Darüber hinaus scheint Metformin auch eine therapeutische Wirkung zu vermittelt, indem es die Mikrobiomdynamik verändert, die Glucoseaufnahme im Darm erhöht und die hormonelle Sekretion des Wachstums- und Differenzierungsfaktors 15 und des Glucagon-ähnlichen Peptids 1 (GLP-1) verstärkt.
Als wäre das nicht genug, haben nun Forschende um Dr. Hsiao-Yun Lin vom Baylor College of Medicine in Houston herausgefunden, dass auch das Gehirn klinisch relevante Wirkungen von Metformin vermittelt. Die Ergebnisse ihrer Studie sind im Fachjournal »Science Advances« erschienen.
Entscheidend für die Ergebnisse dieser Arbeit waren Mäuse mit einem spezifischen Knockout des Ras-related protein 1 (Rap1) im Vorderhirn (Rap1ΔCNS-Mäuse). Rap1 ist eine kleine Guanosintriphosphatase (GTPase), ähnlich wie das besser bekannte Protoonkogen Ras. In ihrer GDP-gebundenen Form sind diese Proteine inaktiv und werden aktiv, wenn sie GTP binden. In dieser Form regulieren sie unzählige zelluläre Prozesse, wobei Rap1 vorwiegend an der Zelladhäsion und der Bildung von Zellverbindungen beteiligt ist.
Die von den Forschenden als Modellsystem verwendeten Rap1ΔCNS-Mäuse zeigten eine unerwartete Resistenz gegenüber den antidiabetischen Effekten von Metformin bei klinisch relevanten niedrigen Dosen (50 bis 150 mg/kg), was die richtige Spur legte. Andere antidiabetische Wirkstoffe, darunter Rosiglitazon, Exendin-4, Glibenclamid, Dapagliflozin und Insulin, führten nämlich weiterhin zu einer normalen Blutzuckersenkung. Mit Metformin wurde bei den Modellmäusen dagegen erst bei extrem hohen Dosen von ≥ 200 mg/kg eine Blutzuckersenkung erzielt.

pharmazeutische-zeitung