Exklusiv: Berliner stellen die meisten Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens

In Berlin haben anteilig so viele Menschen wie in keinem anderen Bundesland einen Impfschaden nach einer Corona-Impfung geltend gemacht. Seit 2021 erreichten das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) insgesamt 1.102 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens. Das sind etwas mehr als 28 Anträge pro 100.000 Einwohner – im Mittel aller deutschen Bundesländer entfallen nur rund 18 Anträge auf 100.000 Einwohner.
Im Nachbarland Brandenburg beantragten nach Auskunft des Landessozialministeriums bis Ende Juni dieses Jahres nur 423 Menschen die Anerkennung eines Corona-Impfschadens. Mit gut 16 Anträgen auf 100.000 Einwohner ist das ein unterdurchschnittlicher Wert.
So viele Impfschäden wurden in Berlin anerkanntBerlin sticht auch bei einem anderen Wert heraus: Die Quote der Anerkennung ist mit 11,4 Prozent höher als in allen anderen Ländern. Allerdings sind bisher nur 272 Anträge abschließend beschieden worden, teilte das LaGeSo mit. Davon erkannte das Landesamt 31 Impfschäden an, 241 Mal wurden die Anträge abschließend abgelehnt. In 373 Fällen erledigten sich die Anträge, weil andere Bundesländer zuständig waren, die Antragsteller bei der Bearbeitung nicht mitwirkten oder ihre Anträge zurückzogen.
Mehrere hundert Verfahren laufen noch, die Statistik kann sich daher noch verändern. Dennoch ist der Unterschied auffällig. Im Mittel aller Bundesländer bestätigten die Versorgungsämter bisher zwischen fünf und sechs Prozent der abschließend bearbeiteten Anträge. Die Anerkennungsquote ist in Berlin also fast doppelt so hoch – anders in Brandenburg. Hier schlossen die Behörden bisher 306 Prüfungen ab, nur acht Impfschäden (2,6 Prozent) erkannten sie an, davon einen nach Widerspruch.
Die Zahlen zeigen auch: Es sind insgesamt nur sehr wenige Menschen, die sich wegen eines Impfschadens an ihr Versorgungsamt wenden. Die Anerkennung durch die Behörden ist entscheidend für den Zugang zu bestimmten staatlichen Hilfen. Nach dem Infektionsschutzgesetz hat bei offiziell empfohlenen Impfungen jeder, der eine gesundheitliche Schädigung erleidet, Anspruch auf Versorgungsleistungen. Dazu gehören bestimmte Rentenansprüche und die Kostenübernahme für Hilfsmittel wie Rollstühle oder barrierefreie Umbauten der Wohnung.
Anerkennung bei Post-Vac-Syndrom besonders umstrittenFür eine Anerkennung müssen Betroffene jedoch belegen, dass ihre Beschwerden hinreichend wahrscheinlich auf den Impfstoff zurückzuführen sind. An dieser Kausalität scheitern viele Anträge – insbesondere beim so genannten Post-Vac-Syndrom, also Long-Covid-ähnlichen Beschwerden nach einer Impfung.
Das staatliche, für die Impfstoffüberwachung zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erkennt bestimmte Erkrankung wie eine Herzmuskel- oder Herzbeutelentzündung, Thrombosen oder das Guillain-Barré-Syndrom (eine Nervenerkrankung) ausdrücklich als Impffolge an – bei „Post Vac“ äußert das PEI deutliche Zweifel. Diese Einschätzung spielt auch in Gutachten eine Rolle, die die Versorgungsämter im Zuge ihrer Prüfungen beauftragen. Viele Fälle werden erst vor Gericht entschieden.
In Berlin sind derzeit 47 Klagen von Betroffenen anhängig, deren Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens abgelehnt worden war. Zwölf Klagen sind allein in diesem Jahr hinzugekommen, teilte das LaGeSo auf Anfrage der Berliner Zeitung mit. In Brandenburg warten derzeit nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Potsdam 36 Kläger auf ein Urteil.
Berliner-zeitung